Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 14 Nr. 1 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 249 BGB, § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 BGB
Kommentar
1. Die radikale Beseitigung vorhandener Bepflanzung mit hochgewachsenen Fichten und Sträuchern, die den rückwärtigen Teil der Wohnanlage einschließlich des gesamten Gartengeländes in seinem optischen Eindruck erheblich bestimmte und den Eindruck einer im Grünen liegenden Wohnanlage mit prägte, verbunden mit der Neuanlage einer nach Charakter, Erscheinungsbild und Funktion völlig andersartigen Gartenanlage, ist einer baulichen Veränderung gleichzusetzen, die einer Vereinbarung aller Wohnungseigentümer bedarf.
Die Eigentümer sind in diesem Falle unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zur Duldung der betreffenden Eingriffsmaßnahmen der Antragsgegner verpflichtet gewesen. Nicht nur der optische Gesamteindruck der Wohnanlage, sondern auch der Sicht- und Windschutz für die Wohnungen wurde hier nachteilig verändert. Solche gravierenden Änderungsmaßnahmen seien auch nicht als bloßer Ausfluss von Sondernutzungsrechtsbefugnissen (mangels gartenpflegerischer Notwendigkeiten) hinzunehmen. Insoweit müssten solche Übergriffe von Sondernutzungsberechtigten zu entsprechenden Sanktionen bei Missachtung der Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsverhältnis führen.
2. Vorliegend gehe es nicht um die Beseitigung einer störenden Anlage im Sinne einer Verhinderung fortdauernder oder künftiger Beeinträchtigungen nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB, sondern vielmehr um die Wiederherstellung eines rechtswidrig beseitigten früheren Zustandes. Bei einer bereits endgültig eingetretenen und in sich abgeschlossenen Beeinträchtigung erfolge die Naturalrestitution im Wege des Schadenersatzes ( § 249 BGB); dies mache jedoch sachlich keinen Unterschied. Wer rechtswidrig und schuldhaft Gemeinschaftseigentum verletze ( § 823 Abs. 1 BGB), habe die daraus entstehenden Folgen im Rahmen des Möglichen zu beseitigen.
Dass im vorliegenden Fall Antragsteller (im Rahmen möglicher Individualansprüche) Anspruch auf eine Rekonstruktion dessen beschränkten, "was aus fachmännischer Sicht machbar sei" (ein Vorstadium des früheren Zustandes, nichts "anderes", was als erneute bauliche Veränderung wiederum nur durch Vereinbarung oder einstimmigen Beschluss zu regeln wäre), sei rechtlich nicht zu beanstanden und wirke sich i.Ü. für die Antragsgegner nur vorteilhaft aus.
Link zur Entscheidung
( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.04.1994, 3 Wx 534/93= ZMR 8/1994, 376 = WE 12/1994, 374)
Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigenümer
Anmerkung:
Diese m.E. korrekte Entscheidung sollte von allen gartensondernutzungsberechtigten Eigentümern strengstens beachtet werden, wenn es um Umgestaltungsmaßnahmen bzw. das Fällen oder Verstümmeln bestehender, langjährig gewachsener Pflanzen geht, die bekanntlich über ihre Verwurzelungen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (Gemeinschaftseigentums) sind, bleiben bzw. werden. Insoweit vorgenommene "bauliche Veränderungen" (vollendete Fällaktionen mit gravierender Umgestaltung eines bestehenden Gartenbildes; Eingriff in die Substanz des Gemeinschaftseigentums) können deshalb zu nicht unerheblichen Schadenersatzverpflichtungen der Gemeinschaft/Miteigentümern gegenüber führen.
Pflegemaßnahmen an Baum- und Strauchbestand (kontinuierliches Beschneidenund Ausdünnen) müssen selbstverständlich dem einzelnen sondernutzungsberechtigten Garteninhaber möglich bleiben, ebenso die Beseitigung nachweisbar kranker oder sturmgeschädigter Sträucher bzw. Bäume mit weitergehenden Gefährdungsrisiken (hier i.d.R: zu Lasten der Gesamtgemeinschaft).
[Vgl. auch nachfolgende Rechtsprechung insbesondere des BayObLG, auch zum sog. "Birkenfall".]