Leitsatz
Der BGH hatte sich damit auseinanderzusetzen, ob Eltern ihrem Kind als dritten Vornamen den Familiennamen des leiblichen Vaters erteilen können.
Sachverhalt
Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des am 23.8.2005 geborenen Kindes. Der Beteiligte zu 2) hat die Vaterschaft anerkannt. Die Beteiligte zu 1) ist allein sorgeberechtigt.
Die Eltern erklärten ggü. dem Standesamt, ihr Sohn, der den Mutternamen als Geburtsnamen führt, solle die Vornamen "H. F. Lütke" erhalten. Bei dem Namen "Lütke" handelte es sich um den Familiennamen des Vaters. Der Standesbeamte lehnte die Eintragung des Namens "Lütke" ab, da dieser als Vorname nicht geeignet sei. Das AG hat den Antrag der Beteiligten zu 1), den Standesbeamten zur Eintragung auch des Namen "Lütke" als weiteren Vornamen anzuweisen, abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das LG zurückgewiesen. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1) ihr erstinstanzliches Begehren weiter.
Das OLG hat die Sache dem BGH zur Entscheidung über die weitere Beschwerde vorgelegt.
Das OLG beabsichtigte, der weiteren Beschwerde zu entsprechen. Dem Recht der Eltern zur Vornamenswahl für ihre Kinder dürfe allein dort eine Grenze gesetzt werden, wo seine Ausübung das Kindeswohl zu beeinträchtigen drohe. Bis zu der in § 1666 BGB gezogenen Grenze sei die Vornamenswahl der Eltern hinzunehmen.
Entscheidung
Der BGH hielt im vorliegenden Fall den von den Eltern gewählten Namen "Lütke" als dritten Vornamen für zulässig. Das Sorgerecht der Eltern beinhalte das Recht, dem Kind einen Vornamen zu erteilen, der grundsätzlich frei wählbar sei. Allein dort, wo eine konkrete Kindeswohlbeeinträchtigung drohe, habe der Staat das Recht und die Pflicht (Art. 6 Abs. 2 GG) einzugreifen. Weitergehende staatliche Eingriffe seien nicht zulässig (BVerfG FamRZ 2004, 522; FamRZ 2005, 2049, 2050). Die Auffassung des Beschwerdegerichts, wonach es dem Kindeswohl bereits widerspreche, einem Kind einen Vornamen zu geben, der offenkundig nur als Nachname gebräuchlich sei, folgte der BGH nicht. Die für eine Beschränkung des elterlichen Namensbestimmungsrechts notwendige Beeinträchtigung des Kindeswohls könne nicht aus allgemeiner - letztlich an einer Ordnungsfunktion ausgerichteten - Betrachtung über die Tauglichkeit oder Untauglichkeit von Namensarten als Vornamen hergeleitet werden. Entscheidend sei vielmehr, ob ein bestimmter, von den Eltern für ihr Kind gewählter Vorname das Wohl ihres Kindes konkret zu beeinträchtigen geeignet sei. Dies sei im vorliegenden Fall weder dargetan noch sonst ersichtlich.
Es sei auch nicht von Belang, dass bei mündlichem Gebrauch des Namens der Eindruck eines aus den Familiennamen der Eltern zusammengesetzten Doppelnamens entstehen könne. Zunächst werde dieser fälschliche Eindruck in der Schriftform durch den fehlenden Bindestrich beseitigt. Darüber hinaus sei der Name im Gegensatz zum Doppelnamen nicht tradierbar. Außerdem könne das Kind eine ihm lästige Erklärungsnot vermeiden, wenn es den dritten Vornamen nicht erwähne. Auch die Gefahr, dass das Kind nach einer etwaigen Hochzeit der Eltern einen mit seinem Nachnamen identischen Vorname trage, sei irrelevant. Denn hierbei handele es sich um eine bloß theoretische Möglichkeit, die die Freiheit der Namenswahl nicht einschränken könne.
Nach Auffassung des BGH war weder festgestellt noch sonst ersichtlich, dass die von der Beteiligten zu 1) getroffene Namenswahl das Kindeswohl beeinträchtige. Die vom Beschwerdegericht erwogene, aber letztendlich offen gelassene Gefahr, das Kind könne wegen des gewählten weiteren Vornamens gehänselt werden, erscheine fern liegend.
Hinweis
Ebenso wie vor ihm das bereits das BVerfG hat auch der BGH bislang lediglich negativ festgestellt, welche Punkte für sich genommen eine Kindeswohlgefährdung nicht konkret begründen können. Er weist darauf hin, dass die näheren Feststellungen Sache des Tatrichters seien, dem es jedoch bislang an brauchbaren Kriterien fehlen dürfte, wann von der Gefährdung des Kindeswohls bei der Namenswahl auszugehen ist.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 30.04.2008, XII ZB 5/08