Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 47 WEG
Kommentar
1. Ein in I. Instanz unterlegener Mehrheitseigentümer und gleichzeitiger Verwalter hatte gegen eine ganz offensichtlich richtige amtsgerichtliche Entscheidung (insbesondere mit Verpflichtungsausspruch zur Einberufung einer geforderten außerordentlichen Eigentümerversammlung) Beschwerde eingelegt, zusätzlich obendrein neuerlich Gegenantrag gestellt. In anwaltlichen Erwiderungsschriftsätzen des Vertreters der Eigentümerminderheit wurde dem Beschwerdeführer die Aussichtslosigkeit seines Rechtsmittels vor Augen geführt. In ähnlichem Sinne legte die LG-Kammer nach längeren rechtlichen Hinweisen dem Beschwerdeführer eindringlich nahe, sein Rechtsmittel und seinen Gegenantrag zurückzunehmen, was auch unter Hinweis auf ansonsten "angedrohte" zurückweisende Sachentscheidung vom Beschwerdeführer akzeptiert wurde.
Allerdings beließ es die Kammer in verbleibender Kostenentscheidung unter Hinweis auf die "Einsicht"des Beschwerdeführers, ihn neben der Erstattung der Gerichtskosten auch in die Erstattung außergerichtlicher Kosten der Antragsgegnerseite zu verurteilen.
Auf Rechtsbeschwerde der Erstbeschwerdegegner wurde die landgerichtliche Kostenentscheidung abgeändert und auch außergerichtliche Kostenerstattung des Beschwerdeführers in II. und auch in III. Instanz (bei Geschäftswert in III. Instanz von DM 4.500 als anwaltlichem Kostenwert) angeordnet.
2. Die Kosten-Ermessensentscheidung des LG sei hier nicht frei von Rechtsfehlern gewesen, auch wenn zunächst zutreffend im Sinne ständiger Senatsrechtsprechung vom Grundsatz auszugehen war, dass derjenige, der ein Rechtsmittel oder einen Antrag zurücknimmt, grundsätzlich die einem anderen Beteiligten durch das zurückgenommene Rechtsmittel erwachsenen außergerichtlichen Kosten zu tragen hat. Zu Unrecht hätte aber das LG angenommen, dass im vorliegenden Fall eine Ausnahme von diesem Grundsatz im Rahmen dieses Entscheidungsermessens veranlasst gewesen wäre.
Sicher kann eine Ausnahme dann geboten sein, wenn die Zurücknahme eines Rechtsmittels oder Antrags auf einer vom Gericht vermittelten Einsicht von deren Aussichtslosigkeit beruht (verfestigte Senatsrechtsprechung). Selbst wenn die Rücknahme den (auch beharrlichen) Hinweisen des Gerichts im ersten mündlichen Verhandlungstermin folgt, kann sie grundsätzlich nicht als verspätet angesehen werden. Vorliegend sei allerdings die vom AG entschiedene Rechtslage von Anfang an so eindeutig gewesen (hier: Verpflichtung des Beschwerdeführers, eine außerordentliche Eigentümerversammlung mit benannten Tagesordnungspunkten einzuberufen), dass die erklärte "Bereitschaft" des Beschwerdeführers, die Versammlung noch 1997 einberufen zu wollen, so lange nicht als Beweis für seine "Einsicht" in die Aussichtslosigkeit seines Rechtsmittels herangezogen werden konnte, als sie nicht in die Tat umgesetzt worden sei. Selbst im November 1997, also einige Monate nach der Verhandlung vor dem LG, hatte der Beschwerdeführer noch nicht entsprechend gehandelt.
Der Senat konnte deshalb selbst nach billigem Ermessen über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens entscheiden und insoweit auch neu vorgetragene Tatsachen berücksichtigen, soweit diese keine weiteren Ermittlungen erforderlich machten. Somit entsprach es billigem Ermessen, den Beschwerdeführer nach Rücknahme seines Rechtsmittels und seiner Anträge in die außergerichtliche Kostenerstattung für die Erstbeschwerdeinstanz zu verurteilen, da ausreichende Gründe dafür, von diesem Grundsatz abzuweichen, nicht ersichtlich waren. Gerade das Verhalten des Beschwerdeführers nach der Verhandlung vor dem LG ließe die vom LG angenommene Einsicht in die Aussichtslosigkeit seiner Begehren als höchst zweifelhaft erscheinen, da auch zu dieser Einsicht gehört hätte, dass er den ihm in der nunmehr rechtskräftig gewordenen Entscheidung des AG auferlegten Pflichten ohne weitere Verzögerung nachgekommen wäre.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 17.02.1998, 2Z BR 142/97)
zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren