Rz. 8

In der Russischen Föderation (RF) werden nur vor dem Standesamt (ZAGS) geschlossene Ehen anerkannt (Art. 1 Abs. 2 FGB). Eine religiös oder nach den jeweiligen örtlichen bzw. nationalen Bräuchen geschlossene Ehe bewirkt keine Rechtsfolgen.[13] Eine einzige Ausnahme wird durch die Übergangsbestimmungen des Art. 169 FGB geregelt: Kirchliche Trauungen russischer Staatsangehöriger, die während des Zweiten Weltkriegs in besetzten Gebieten der UdSSR vollzogen wurden, bevor die dortigen Standesämter wieder funktionsfähig waren, haben Wirksamkeit (Art. 169 Abs. 7 FGB). Zuständig für die Eheschließung ist ein Standesamt nach Wahl der Parteien (Art. 25 PStG). Mangels eines Standesamts am Ort der Eheschließung werden die Trauung und Eintragung der Ehe vom Organ der örtlichen Selbstverwaltung vorgenommen (Art. 4 Abs. 2 PStG). Bei Eheschließungen russischer Staatsangehöriger im Ausland wird die Trauung von den diplomatischen Vertretungen oder konsularischen Einrichtungen der RF vorgenommen (Art. 157 Abs. 1 FGB, Art. 5 PStG, Art. 25 Nr. 1 Konsularstatut[14]).

 

Rz. 9

Der gemeinsame schriftliche (Formular-)Antrag auf Vornahme der Trauung (Anmeldung) wird von den Eheschließenden beim Standesamt persönlich eingereicht und im Beisein des Standesbeamten unterzeichnet. Der gemeinsame Antrag kann auch in Form eines elektronischen Dokuments über das Einheitliche Portal der staatlichen und kommunalen Dienstleistungen oder über die entsprechenden regionalen Portale beim Standesamt eingereicht werden. Ein in elektronischer Form eingereichter Antrag ist mit einer einfachen elektronischen Unterschrift jedes Antragstellers zu unterzeichnen. Er kann zusammen mit den hierfür erforderlichen Dokumenten auch über ein Mehrfunktionszentrum für die Gewährleistung staatlicher und kommunaler Dienstleistungen eingereicht werden (Art. 26 Abs. 1 PStG). Im Antrag müssen der beiderseitige Ehewille und das Fehlen von Ehehindernissen erklärt werden. Neben den Personalien und dem jeweiligen Wohnsitz der Parteien muss der Antrag die Staatsangehörigkeit, den Familienstand bis zur Eheschließung (ledig, geschieden oder verwitwet), die Wahl des nach Eheschließung zu führenden Familiennamens und Angaben zu den vorgelegten Personaldokumenten (Pässen) enthalten. Zudem sind im Antrag das von den Eheschließenden gewählte Datum und die Uhrzeit der Eheschließung anzugeben. Die Angabe der Nationalität, der Bildung und der Anzahl gemeinsamer minderjähriger Kinder ist freiwillig. Der Anmeldung sind die Personaldokumente, ggf. der Nachweis für die Auflösung einer früheren Ehe und – bei Minderjährigkeit – die behördliche Ehegenehmigung beizufügen. Im Fall der elektronischen Antragstellung müssen die Eheschließenden die erforderlichen Dokumente bei ihrem persönlichen Erscheinen zum Zeitpunkt der Eheschließung beim Standesamt vorlegen (Art. 26 Abs. 1 a.E. PStG). Ist einer der Antragsteller am Erscheinen vor dem Standesamt oder dem Mehrfunktionszentrum verhindert oder wäre dies nur unter schwierigsten Bedingungen möglich, z.B. wegen eines weit entfernten Wohnsitzes, können zwei getrennte Antragsformulare eingereicht werden, wobei die Unterschrift des abwesenden Antragstellers notariell beglaubigt sein muss, sofern der Antrag nicht über das Einheitliche Portal der staatlichen und kommunalen Dienstleistungen oder über die entsprechenden regionalen Portale eingereicht wird. An die Stelle der notariellen Beglaubigung tritt im Fall einer Person, welche sich in Untersuchungs- oder Strafhaft befindet, die Beglaubigung des Leiters der Haftanstalt (Art. 26 Abs. 2 PStG).

 

Rz. 10

Ausländer müssen in der Praxis bei der Anmeldung den Nachweis für ihre Ehefähigkeit nach dem Recht ihres Heimatstaates erbringen (Ehefähigkeitszeugnis).[15] Alle ausländischen Urkunden sind in beglaubigter russischer Übersetzung vorzulegen und bedürfen grundsätzlich der Legalisation durch eine konsularische Einrichtung der RF (Art. 408 Abs. 1 ZPO). Das Erfordernis der Legalisation entfällt für Dokumente aus Vertragsstaaten des Haager Übereinkommens zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation von 1961, also auch für Dokumente deutscher Behörden. Entsprechend der Haager Konvention sind die Schriftstücke mit einer Apostille zu versehen.

 

Rz. 11

Der Antrag auf Vornahme der Trauung ist eine Absichtserklärung und verpflichtet die Parteien rechtlich zu nichts.[16] Die Anmeldung kann jederzeit vor der Trauung zurückgenommen werden. Ein Verlöbnis kennt das russische Recht nicht. Die Trauung erfolgt frühestens einen Monat und spätestens zwölf Monate nach der Antragstellung (Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 FGB). Zweck dieser Frist ist es, den Antragstellern eine letzte Bedenkzeit und Dritten die Möglichkeit der Geltendmachung von Eheverboten zu geben.[17] In begründeten Fällen (z.B. Eilbedürftigkeit wegen Schwangerschaft, Krankheit, bevorstehender längerer Abwesenheit eines der Eheschließenden) kann diese Frist auf Antrag verkürzt werden. Ausnahmsweise kann die Trauung am Tag der Antragstellung vorge...

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