Leitsatz (amtlich)
Zur Haftung eines Linksabbiegers, der mit einem ihn überholenden Motorrad kollidiert.
Normenkette
StVO § 5 Abs. 3 Nr. 1, § 9
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 28.11.2013; Aktenzeichen 3 O 271/11) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Saarbrücken vom 28.11.2013 (Aktenzeichen 3 O 271/11) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin weitere 46.000 EUR als Teilschmerzensgeld für den Zeitraum vom 1.7.2010 bis zum 7.11.2013 nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.9.2011 zu zahlen.
Die Beklagten werden weiter gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 344,72 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.9.2011 zu zahlen.
Die Beklagten werden weiter gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 2.830,18 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.9.2011 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom ... auf der Straße L 128 in M. zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Am ... ereignete sich auf der L 128 in M. ein Verkehrsunfall, an dem die am ... 1991 geborene Klägerin als Fahrerin des Kraftrads (Krad) Suzuki GSX 600 FU mit dem amtlichen Kennzeichen ...-... und der Beklagte zu 1 als Fahrer des Personenkraftwagens (Pkw) Peugeot 206 mit dem amtlichen Kennzeichen ...-..., dessen Halter der Beklagte zu 2 ist und der bei der Beklagten zu 3 haftpflichtversichert ist, beteiligt waren. An der Unfallstelle beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit 70 km/h. Die Klägerin wollte in Richtung M. den vor ihr etwas langsamer fahrenden Beklagten-Pkw überholen. Der Beklagte zu 1 beabsichtigte, nach links in eine Einfahrt auf das Gelände der Skaterbahn abzubiegen. Infolgedessen kam es zum Zusammenstoß zwischen Krad und Pkw, die Klägerin wurde durch die Luft geschleudert und kam mehrere Meter hinter der Anstoßstelle auf. Die Klägerin wurde lebensgefährlich verletzt. Wegen der Einzelheiten der Verletzungen und Verletzungsfolgen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bd. III Bl. 328 f. d.A.). Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Saarbrücken gegen den Beklagten zu 1 wegen fahrlässiger Körperverletzung (Aktenzeichen 61 Js (StA) 846/10) wurde nach Zahlung eines Geldbetrags i.H.v. 300 EUR an die Klägerin zur Wiedergutmachung durch Verfügung vom 7.2.2011 gem. § 153a Abs. 1 StPO eingestellt.
Die Klägerin hat behauptet, als sie sich schon im Überholvorgang befunden habe, sei der Beklagte zu 1 ohne jede Ankündigung und ohne Betätigung des linken Fahrtrichtungsanzeigers abgebogen. Sie habe nicht mehr reagieren können und sei ungebremst gegen das Beklagten-Fahrzeug gefahren. Die Verletzungen wären in diesem Umfang auch bei Tragen von (Leder-) Motorradkleidung eingetreten. Im Rahmen der stationären Behandlung, insbesondere nach den Operationen, habe sie trotz schmerzstillender Medikamente unter unerträglichen Schmerzen gelitten. Sie leide weiterhin witterungs- und belastungsabhängig unter Schmerzen im Fuß. Außerdem sei ihr seelischer Zustand in der ersten Zeit nach dem Unfall labil gewesen, und sie habe Zukunftsängste gehabt. Nach ihrer Entlassung aus der Klinik sei sie erheblich auf die Mithilfe ihrer Familie angewiesen gewesen und habe nahezu vollständiger Betreuung bedurft.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Teilschmerzensgeld, mindestens jedoch 46.000 EUR, für den Zeitraum vom 1.7.2010 bis zum 7.11.2013 nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.9.2011 zu zahlen,
2. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 1.016,36 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.9.2011 zu zahlen,
3. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom ... auf der Straße L 128 in M. zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen und
4. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 2.830,18 EU...