Leitsatz (amtlich)
Haftungsabwägung bei Verkehrsverstößen beim Linksabbiegen und dem Überholen einer Kolonne.
Normenkette
StVO § 5 Abs. 3 Nr. 1, § 9
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 02.08.2013; Aktenzeichen 1 O 269/12) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 2.8.2013 verkündete Urteil des LG Saarbrücken (1 O 269/12) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
"Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.915,30 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 10.7.2012 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 402,82 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 10.7.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen."
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger zu 72 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 28 %.
III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz auf Grund eines Verkehrsunfalls vom 26.4.2012 gegen 13.00 Uhr auf der L 167 zwischen B. und A., an dem der Kläger als Fahrer des Fahrzeugs Mercedes 220 CDI (amtl. Kennz.: XXX-XX XXX) und der Beklagte zu 2) als Fahrer des Fahrzeugs Mercedes 300 T der Beklagten zu 1) (amtl. Kennz.: XXX-XX XX) beteiligt waren.
Der Kläger verließ als letztes Fahrzeug in einer Kolonne von vier Pkw's den Ort B. in Richtung A.. Erstes Fahrzeug in der Kolonne war das Fahrzeug der Beklagten zu 1), welches von dem Beklagten zu 2) gefahren wurde und bei der Beklagten zu 3) zum Unfallzeitpunkt haftpflichtversichert war. Der Unfall ereignete sich im Zusammenhang mit einem von dem Beklagten zu 2) eingeleiteten, dann aber wieder abgebrochenen Abbiegevorgang in den links gelegenen Zufahrtsweg zur Gärtnerei G. und einem von dem Kläger vorgenommenen Überholvorgang. Zu einer Berührung der beiden Fahrzeuge kam es nicht. Das Fahrzeug des Klägers berührte aber beim Einscheren auf die rechte Fahrbahn die rechte Leitplanke.
Der Kläger hat behauptet, der Beklagte zu 2) sei auch nach Verlassen der Ortsdurchfahrt mit 50 km/h und damit langsamer als mit der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h gefahren, was ihn, den Kläger, veranlasst habe, zum Überholen der Fahrzeugkolonne anzusetzen. Als er, der Kläger, sich in Höhe des zweiten, sich unmittelbar hinter dem Beklagten zu 2) fahrenden Pkw's befunden habe, sei der Beklagte zu 2) plötzlich unter gleichzeitigem Setzen des linken Blinkers nach links aus der Kolonne ausgeschert, um in das Privatgrundstück der links von der Straße gelegenen Gärtnerei abzubiegen. Das zweite Fahrzeug habe abgebremst und der Kläger sei durch die so entstandene Lücke zwischen dem links abbiegenden Beklagten zu 2) und dem zweiten Fahrzeug nach rechts an dem sich mittig auf der Fahrbahn befindlichen Beklagtenfahrzeug vorbei gefahren, als dieses seinen Abbiegevorgang abgebrochen und nach rechts gezogen habe. Daher habe der Kläger sein Fahrzeug so weit nach rechts ziehen müssen, dass er mit der Leitplanke neben dem rechten Fahrbahnrand kollidiert sei.
Der Kläger hat seinen Sachschaden wie folgt beziffert:
Reparaturkosten abzgl. Wertverbesserung
11.745,89 EUR
Sachverständigengutachten
1.467,15 EUR
Vorhaltekosten (Arbeitstage für die Reparatur)
780 EUR
Sachverständigenkosten für die Prüfung der Reparatur und Erstellung der Bestätigung
34,51 EUR
Unkostenpauschale
25,56 EUR
Summe:
14.053,11 EUR
Der Kläger hat beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger 14.053,11 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.7.2012 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben behauptet, nach dem Ortsausgangsschild habe der Beklagte zu 2) beschleunigt und dann wegen seiner Absicht, in die Zufahrtstraße zur Gärtnerei abzubiegen, links geblinkt, den entgegen kommenden und rückwärtigen Verkehr beobachtet, sich zur Fahrbahnmitte eingeordnet und unter Herabsetzung seiner Geschwindigkeit den Abbiegevorgang eingeleitet. Bei der zweiten Rückschau habe der Beklagte zu 2) das klägerische Fahrzeug, welches mehrere Fahrzeuge überholt und auch beabsichtigt habe, das Fahrzeug der Beklagten zu 1) zu überholen, bemerkt und seinen Überholvorgang abgebrochen, um eine Kollision zu vermeiden.
Der Unfall wäre vermeidbar gewesen, wenn der Kläger seinen Überholgang fortgesetzt hätte. Hätte der Beklagte zu 2) seiner Rückschaupflicht nicht genügt, hätte er den Kläger nicht gesehen und reagieren können.
Die Beklagten haben den geltend gemachten Schaden der Höhe nach bestritten. Der Nettoreparaturschaden betrage lediglich 11.340,35 EUR. Die Instandsetzung in einer nicht markengebundenen Werkstatt sei möglich, da das Fahrzeug älter als 5 Jahre sei. Ein Anspruch auf eine Reparaturbestätigung bestehe ebenso wenig wie ein Anspruch auf Erstattung von Vorhaltekosten für 12 Tage, der allenfalls für 7 - 8 Tage à 20,- EUR in Betracht komme. Außergerichtliche Rechtsanw...