Leitsatz (amtlich)
Zu den verfahrensmäßigen Voraussetzungen einer die Einwilligung eines Elternteils in eine Einbenennung ersetzenden Entscheidung.
Verfahrensgang
AG Saarlouis (Beschluss vom 04.11.2011; Aktenzeichen 23 F 446/10 SO) |
Tenor
Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des AG - Familiengericht - in Saarlouis vom 4.11.2011 - 23 F 446/10 SO - aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Familiengericht zurückverwiesen.
Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.
Der Verfahrenswert für die Beschwerdeinstanz wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der heute 12 Jahre alte Y. V. ist aus der geschiedenen Ehe der weiteren Beteiligten zu 1 (Kindesmutter) und 2 (Kindesvater) hervorgegangen. Er lebt im Haushalt der Kindesmutter, die alleinige Sorgerechtsinhaberin ist. Die Kindesmutter ist in neuer Ehe mit Herrn T. S. verheiratet und trägt den Namen "B.- S.". Der Kindesvater hat die Zustimmung zu der von Mutter und Kind zunächst begehrten Namensänderung, wonach das Kind zukünftig den Nachnamen "S." tragen soll, verweigert. Der Ehemann der Kindesmutter ist mit der Namenserteilung einverstanden.
Durch den angefochtenen Beschluss, auf den ergänzend Bezug genommen wird, hat die Rechtspflegerin des Familiengerichts - nach persönlicher Anhörung des Kindes - den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur Namensänderung des Kindes zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kindesmutter. Sie beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückzuverweisen, hilfsweise, die Einwilligung des Kindesvaters in die beabsichtigte Namensänderung des Kindes dahin zu ersetzen, dass das Kind künftig den Nachnamen "S." führt, höchst hilfsweise, die Einwilligung des Kindesvaters in die beabsichtigte Namensänderung des Kindes dahin zu ersetzen, dass das Kind künftig den Nachnamen "S.- Sc." führt.
Der Kindesvater bittet um Zurückweisung der Beschwerde. Er stimmt auch der nunmehr hilfsweise begehrten additiven Namensänderung nicht zu.
II. Das Rechtsmittel der Kindesmutter ist gem. §§ 58 ff. FamFG zulässig. Bei der Entscheidung über die Ersetzung der Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die Einbenennung nach § 1618 Satz 4 BGB handelt es sich um eine Familiensache i.S.v. §§ 111 Nr. 2, 151 Nr. 1 FamFG, weil das Recht der Eltern zur Bestimmung des Kindesnamens Ausfluss der elterlichen Sorge ist (BGH FamRZ 2002, 94). Die Beschwerde ist form- und nach Lage der Akten auch fristgerecht eingelegt und unterliegt auch im Übrigen keinen verfahrensrechtlichen Bedenken.
In der Sache hat das Rechtsmittel nach Maßgabe der Entscheidungsformel einen vorläufigen Erfolg. Das Verfahren erster Instanz leidet an schwerwiegenden Fehlern, die - auf den Hauptantrag der Beschwerde - die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung an das Familiengericht zur erneuten Behandlung und Entscheidung zur Folge haben. Das Familiengericht hat ohne die erforderliche persönliche Anhörung der Kindeseltern entschieden (§ 160 FamFG) und die amtswegig gebotene Aufklärung des Sachverhalts (§ 26 FamFG) unterlassen.
Gemäß § 1618 Satz 4 BGB kann das Familiengericht die Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die nach § 1618 Satz 1 BGB beabsichtigte Einbenennung ersetzen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Danach reicht es allerdings nicht aus, dass die Namensänderung bloß zweckmäßig ist oder dass es Gründe gibt, die für eine Einbenennung in die neue Familie sprechen. Vielmehr kommt die familiengerichtliche Ersetzung der Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die Einbenennung des Kindes regelmäßig nur dann in Betracht, wenn eine Zerschneidung des namensrechtlichen Bandes zwischen dem nicht sorgeberechtigten Elternteil und dem Kind aus Gründen des Kindeswohls unabdingbar notwendig ist. Das ist der Fall, wenn andernfalls schwerwiegende Nachteile für das Kind zu befürchten wären oder die Einbenennung zumindest einen so erheblichen Vorteil für das Kind darstellen würde, dass ein sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Namensbandes nicht bestehen würde. Dabei setzt eine Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung eine umfassende Abwägung der - grundsätzlich gleichrangigen - Kindes- und Elterninteressen voraus (BGH FamRZ 2005, 889; FamRZ 2002, 94; OLG Saarbrücken vom 1.7.2002 - 9 UF 81/02 -, OLGReport Saarbrücken 2002, 367).
In den Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung eines Elternteils in die Einbenennung eines Kindes nach § 1618 Satz 4 BGB hat das Gericht vor der Entscheidung gem. § 160 FamFG grundsätzlich den sorgeberechtigten Elternteil (hier die Kindesmutter) ebenso wie den nicht sorgeberechtigten Elternteil (hier den Kindesvater) persönlich anzuhören, um sich einen unmittelbaren Eindruck zu verschaffen (OLG Saarbrücken vom 13.1.2...