Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Organisationsverschulden eines Gaslieferanten, der einen in fremden Eigentum stehenden Tank befüllt

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Beschluss vom 23.05.2014; Aktenzeichen 12 O 50/12)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin vom 6.6.2014 wird der Beschluss des LG Saarbrücken vom 23.5.2014 - 12 O 50/12 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das LG Saarbrücken zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Die Parteien sind Wettbewerber im Flüssiggasgeschäft. Die Gläubigerin ist deutschlandweit tätig, die Schuldnerin im Wesentlichen in Rheinland-Pfalz und im Saarland.

Hintergrund des der Beschwerde vorausgegangenen Zwangsvollstreckungsverfahrens ist ein Rechtsstreit, der dadurch ausgelöst wurde, dass die Schuldnerin Kunden mit Gas belieferte, welche in Vertragsbeziehungen zur Gläubigerin standen, und dabei dieser gehörende, auf den Grundstücken der Kunden aufgestellte Gastanks benutzte. Die Gläubigerin erhob Unterlassungsklage wegen Eigentumsbeeinträchtigung.

Das LG Saarbrücken - Einzelrichter - hat die Beklagte mit Urteil vom 17.10.2012 verurteilt, "es künftig zu unterlassen, ohne Einwilligung der Klägerin in deren Eigentum stehende Flüssiggasbehälter zu befüllen oder befüllen zu lassen".

Am 22.10.2012 und am 17.5.2013 lieferte die Schuldnerin auf telefonische Bestellung Gas an den Kunden E. B.. Dieser ist seit dem 12.5.2005 mit der Gläubigerin vertraglich verbunden und unterhält mit ihr ein Flüssiggaslieferabkommen einschließlich eines Mietvertrags über einen Flüssiggastank. Am 22.5.2013 erfolgte eine Gaslieferung an die Kundin H. F., die nach dem bestrittenen Sachvortrag der Gläubigerin (BI.183, 190 f. d.A.) ebenfalls ein Lieferabkommen mit dieser geschlossen hatte.

Mit Schriftsatz vom 25.3.2014 hat die Gläubigerin einen Ordnungsmittelantrag gem. § 890 ZPO gestellt (BI.150 d.A.).

Die Gläubigerin hat behauptet, sowohl der Flüssiggastank auf dem Grundstück des Kunden E. B. als auch derjenige auf dem Grundstück der Kundin F. gehörten ihr und seien über der Einfüllarmatur mit einer die Fremdbefüllung ausdrücklich untersagenden Eigentumskennzeichnung versehen (BI.184, 190-192 d.A.). Den Verstoß der Schuldnerin gegen die titulierte Unterlassungspflicht hat sie als zumindest fahrlässig gewertet und die Ansicht vertreten, diese hätte sich schriftliche Belege zu den Eigentumsverhältnissen vorlegen lassen müssen, zumal Kunden nach der Lebenserfahrung bereit seien, mündlich wahrheitswidrige Angaben zu machen, wenn sie bestehende Verträge zu verletzen beabsichtigten. Schließlich hat die Gläubigerin auf die Möglichkeit hingewiesen, sich jeweils bei ihr telefonisch über das Eigentum am Tank zu erkundigen (BI.185/186 d.A.).

Die Schuldnerin hat Zurückweisung des Vollstreckungsgesuchs beantragt (BI.163 d.A.).

Sie hat unter Hinweis auf Unstimmigkeiten bei der Adressangabe im Gaslieferungsvertrag bestritten, dass der Gastank auf dem Grundstück des Kunden E. B. der Gläubigerin gehöre. Jedenfalls habe sie von deren etwaigem Eigentum nichts gewusst. Die Schuldnerin hat behauptet, der Kunde sei anlässlich beider telefonischer Bestellungen ausdrücklich gefragt worden, ob er Eigentümer des zu befüllenden Tanks sei. Er habe das jedes Mal bejaht. Außerdem habe ihr Mitarbeiter unmittelbar vor der Befüllung den Tank überprüft. Hinweise auf das Eigentum der Klägerin hätten sich in keiner Weise ergeben, insbesondere nicht durch Aufkleber, Schilder, Markierungen oder Dergleichen. Die Schuldnerin hat für ihr Vorbringen Beweis angeboten durch das Zeugnis des E. B. (Bl. 164 d.A.).

Das Eigentum an dem Flüssiggastank auf dem Grundstück der Kundin H. F. hat die Schuldnerin mit Nichtwissen bestritten. Zum "D.-Propan Gas-Flüssiggas-Lieferabkommen mit Behältermietvertrag" vom 9.9.2005 hat sie darauf hingewiesen, dass der Vertrag nicht die Unterschrift der Kundin trage. Auch in Bezug auf diese Lieferung hat die Schuldnerin behauptet, ihr sei auf ausdrückliche Frage gesagt worden, der Gastank stehe im Eigentum der Kundin. Sie hat Frau H. F. als Zeugin dafür benannt (BI.166 d.A.).

Die Schuldnerin hat Kopien eines von einer Frau M. B. unterzeichneten Lieferscheins vom 17.5.2013 und eines von der Kundin H. F. unterzeichneten Lieferscheins vom 22.5.2013 zur Akte gereicht. Beide enthalten eine - vorgedruckte - "Bescheinigung" des jeweiligen Kunden, wonach bei ihm "stationierte Flüssiggasbehälter" in seinem Eigentum stünden und keine anderweitige Vertragsbindung bestehe (BI.168, 177 d.A.).

Die Schuldnerin hat die Ansicht vertreten, sie habe alles Erforderliche und Zumutbare getan, um Verstöße gegen das Unterlassungsurteil des LG Saarbrücken zu vermeiden (BI.167 d.A.).

Die Gläubigerin hat den Sachvortrag der Schuldnerin (Erklärungen der Kunden zum Eigentum, Überprüfen der Gastanks) mit Nichtwissen bestritten (BI.183/184 d.A.). Was die Unterschrift auf dem Vertrag der Kundin H. F. anbelangt, hat sie erklärt, für diese Kundin sei seinerzeit eine Firma R. B. GmbH - deren...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?