Leitsatz (amtlich)
1. Zur Bezeichnung des Rechtsmittelführers bei Klage und parteierweiternder Widerklage im Verkehrsunfallprozess.
2. Kommt es beim Linkseinbiegen zum Zusammenstoß zwischen dem Wartepflichtigen und einem dem ersten Vorfahrtberechtigten nachfahrenden Kraftfahrzeug, ist die unfallursächliche Nichteinhaltung des gebotenen Sicherheitsabstands (§ 4 Abs. 1 Satz 1 StVO) durch den Nachfahrenden auch im Verhältnis zum Wartepflichtigen unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 StVG zu berücksichtigen.
3. Bei der Bestimmung der Rahmengebühr nach § 14 Abs. 1 RVG für die Vergütung des Rechtsanwalts kann von der Zahl und der Art der Anspruchsschreiben an den Haftpflichtversicherer oder den Schädiger persönlich nicht stets auf Umfang und Schwierigkeit der Klärung der Sach- und Rechtslage geschlossen werden.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 04.04.2012; Aktenzeichen 5 O 35/10) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 4.4.2012 (Aktenzeichen 5 O 35/10) wird zurückgewiesen.
2. Die Zurücknahme der Berufung des Klägers und der Drittwiderbeklagten zu 1 und 2 gegen die Abweisung der Widerklage in dem vorbezeichneten Urteil hat insoweit den Verlust des eingelegten Rechtsmittels zur Folge.
3. Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger und die Drittwiderbeklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner 8 v.H. und der Kläger weitere 92 v.H. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 tragen der Kläger und die Drittwiderbeklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner 11 v.H. und der Kläger weitere 89 v.H. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 fallen dem Kläger zur Last. Im Übrigen findet eine Kostenausgleichung nicht statt.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Am 4.1.2010 gegen 13.45 Uhr ereignete sich auf dem im Bereich der Einmündung der Straße ein Verkehrsunfall. Die Beklagte zu 1 befuhr mit ihrem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw Toyota Starlet die Straße, auf der in ihrer Fahrtrichtung an der Einmündung das Zeichen 205 ("Vorfahrt gewähren") aufgestellt ist, und bog nach links in den ein. Von links näherten sich auf dem der Zeuge mit seinem Pkw VW Golf und dahinter die Drittwiderbeklagte zu 1 mit dem bei der Drittwiderbeklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw BMW Mini des Klägers. Der Zeuge bremste und kam ohne Zusammenstoß mit der Beklagten zu 1 zum Stehen. Die Drittwiderbeklagte zu 1 fuhr links an dem Pkw des Zeugen vorbei. Außer der anschließenden Kollision der Fahrzeuge der Beklagten zu 1 und des Klägers kam es auch zum Zusammenstoß der Fahrzeuge des Klägers und des Zeugen. Die Beklagte zu 2 zahlte am 3.3.2010 an die Prozessbevollmächtigten des Klägers auf den geltend gemachten Schaden einen Vorschuss i.H.v. 4.500 EUR mit dem Vermerk "Zu unserer beliebigen Verrechnung". Diese Zahlung nahm der Kläger nicht an und überwies den Betrag an die Beklagte zu 2 zurück.
Der Kläger hat die Beklagten auf vollen Ersatz seines Schadens i.H.v. 10.321,96 EUR und Erstattung bzw. Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch genommen und vorgetragen, der Unfall sei allein durch verkehrswidriges Verhalten der Beklagten zu 1 verursacht worden. Zur Entgegennahme der Vorschusszahlung der Beklagten zu 2 sei er nicht verpflichtet gewesen.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 10.321,96 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.2.2010 zu zahlen,
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 891,31 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.2.2010 zu zahlen und
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Kläger von den Kosten der Rechtsanwälte und Partner für die Deckungsanfrage bei der klägerischen Rechtsschutzversicherung freizustellen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben behauptet, die Drittwiderbeklagte zu 1 sei infolge Unachtsamkeit und zu hoher Geschwindigkeit gegen das Fahrzeug der Beklagten zu 1 gestoßen. Die Schadensersatzforderung des Klägers sei durch die Vorschusszahlung der Beklagten zu 2 vom 3.3.2010 bereits zum Teil erfüllt.
Die Beklagte zu 1 hat ihrerseits von dem Kläger und den Drittwiderbeklagten zu 1 und 2 Schadensersatz auf der Grundlage einer Haftungsquote von 50 v.H. begehrt. Dazu hat sie behauptet, der Schaden an ihrem Fahrzeug betrage 1.400 EUR. Insoweit sei von dem Wiederbeschaffungswert i.H.v. 1.700 EUR der Restwert i.H.v. 300 EUR abzuziehen. Hinzu komme eine Kostenpauschale i.H.v. 30 EUR. Unter Berücksichtigung des Mitverschuldens ergebe sich ein Gesamtbetrag i.H.v. 715 EUR. Außerdem sei sie durch den Zusammenstoß verletzt worden, habe eine Beule an der linken Schädelseite sowie eine HWS-Distorsion erlitten und habe sich zwei Mal in ärztliche Behandlung begeben müssen, weshalb ihr ausgehend von einem für die Verletzungen angemessen...