Entscheidungsstichwort (Thema)
Demnächstige Zustellung nach fehlgeschlagenem ersten Zustellversuch
Leitsatz (amtlich)
1. Ob die Zustellung eines Mahnbescheids noch als „demnächst” anzusehen ist, hängt entscheidend davon ab, ob – auch – die Partei mehr als nur geringfügig zu der Gesamtverzögerung der Zustellung beigetragen hat.
2. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Partei im gesamten Verlauf des Zustellungsverfahrens im Sinne einer größtmöglichen Beschleunigung mitzuwirken hat.
3. Bei fehlgeschlagenem 1. Zustellversuch ist ein Mahnbescheid dann noch als „demnächst” zugestellt anzusehen, wenn er nach Zugang der Mitteilung der Unzustellbarkeit beim Antragsteller dann innerhalb eines Monats zugestellt wird.
Normenkette
ZPO § 691 Abs. 2, § 693 Abs. 2 a.F.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 28.11.2002; Aktenzeichen 9 O 119/02) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28.11.2002 verkündete Urteil des LG Saarbrücken – 9 O 119/02 – dahin teilweise abgeändert, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000 Euro nicht.
Gründe
A. Wegen des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen in Tatbestand und Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (Bl. 117–125), § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr ursprüngliches Klageabweisungsbegehren weiter, soweit der Erstrichter der Klägerin auf der Grundlage von deren Gebührenrechnung vom 5.1.2000 (Bl. 21) ein – reduziertes – Steuerberaterhonorar i.H.v. 3.169,46 Euro zugesprochen hat. Sie bestreitet nach wie vor, Auftraggeberin hinsichtlich der streitgegenständlichen Beratungsleistungen zu sein. Wie ihr Geschäftsführer anlässlich seiner Parteivernehmung im Parallelverfahren vor dem AG Saarbrücken bestätigt habe, hätten die Beteiligten ausdrücklich die Auftraggeberschaft abweichend von der steuerlichen Zuordnung der einzelnen Firmen in die Hände der Firma K. (K.) gelegt.
Im Übrigen wiederholt die Beklagte die Einrede der Verjährung. Sie ist der Ansicht, der Erstrichter habe diese zu Unrecht für nicht durchgreifend erachtet und hierbei insb. nicht berücksichtigt, dass die Klägerin im Anschluss an das Bemerken des fehlgeschlagenen Zustellungsversuches vom 18.12.2001 nicht alles ihr Zumutbare unternommen habe, um die Zustellung doch noch umgehend zu bewirken. Damit habe sie nachlässig zu einer nicht unerheblichen Verlängerung der Zeitspanne bis zur Zustellung des Mahnbescheids beigetragen, was der Annahme einer „demnächstigen” Zustellung entgegenstehe. Insoweit gelte eine zeitliche Obergrenze von einem Monat, die hier weit überschritten sei.
Auf die Gründe des Scheiterns des Zustellungsversuches vom 18.12.2001 komme es unter diesen Umständen nicht an, abgesehen davon, dass sie keinerlei Maßnahmen der Zugangserschwernis oder -vereitelung ergriffen habe.
Die Beklagte beantragt (Bl. 142, 193), unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt (Bl. 160, 193), die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihres früheren Vorbringens. Sie weist erneut darauf hin, dass sie für den fehlgeschlagenen Zustellungsversuch nicht verantwortlich sei, insb. im Mahnbescheid – unstreitig – die zutreffende Anschrift der Beklagten angegeben habe und das Scheitern allein auf Zustellungsverhinderungsmaßnahmen der Beklagten zurückzuführen sei. Insoweit sei es dieser jedenfalls verwehrt, sich auf eine eventuell eingetretene Verjährung zu berufen.
Bezüglich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 14.8.2003 (Bl. 192 ff.) Bezug genommen.
Der Senat hat gem. dem Beweisbeschluss vom 14.8.2003 (Bl. 193) eine Beweisaufnahme zur Frage der Zugangsvereitelung durchgeführt, wegen deren Ergebnisses auf die Sitzungsniederschrift vom gleichen Tage (Bl. 193–197) verwiesen wird.
Die Zivilakten 42 C 242/02 des AG Saarbrücken waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
B. Die Berufung der Beklagten ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig.
Sie hat auch in der Sache Erfolg. Denn die angefochtene Entscheidung beruht auf einer kausalen Rechtsverletzung i.S.v. § 546 ZPO (vgl. § 513 ZPO); zugleich rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.
Entgegen der Ansicht des Erstrichters steht der Klägerin gegen die Beklagte kein – durchsetzbarer – Anspruch auf Zahlung von Steuerberaterhonorar für die streitgegenständlichen Beratungsleistungen aus 1999 zu.
Dabei kann letztlich dahinstehen, ob die Beklagte überhaupt passivlegitimiert ist...