Leitsatz (amtlich)
1. In dem Speisesaal einer Reha-Klinik ist das Auftreten einzelner feuchter Stellen während der Essensausgabe für den Verkehrssicherungspflichtigen mit zumutbarem Aufwand nicht stets zu vermeiden.
2. Der Verkehrssicherungspflichtige ist jedoch gehalten, den Speisesaal so rechtzeitig zu reinigen, dass von der Reinigung zurückgebliebene Feuchtigkeit bis zum Beginn der Essensausgabe sicher abtrocknen kann.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 27.04.2011; Aktenzeichen 12 O 127/09) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Saarbrücken vom 27.4.2011 - 12 O 127/09 - abgeändert: Die Klage wird (insgesamt) abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt der 1942 geborene Kläger den Beklagten in seiner Eigenschaft als Träger der unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht wegen eines Ereignisses, welches sich nach dem Sachvortrag des Klägers am 26.6.2008 im Speisesaal der Klinik geeignet habe, auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch.
Der Kläger befand sich im Zeitraum vom 16.6.2008 bis zum 17.7.2008 zur Rehabilitation in der, nachdem er sich zuvor bei einem häuslichen Unfall am 2.6.2008 den Oberschenkel des linken Beines gebrochen hatte. Bei der operativen Versorgung dieses Bruches war dem Kläger eine metallene Schiene eingesetzt worden.
Der Kläger hat behauptet, er sei am 26.6.2008 gegen 11:35 Uhr auf seine Gehhilfen gestützt in den Speisesaal der Klinik gegangen. Hierbei sei er auf einer feuchten Stelle ausgerutscht und habe deshalb sein Körpergewicht auf das verletzte linke Bein verlagern müssen, um einen Sturz zu vermeiden. Durch diese Überlastung sei die eingesetzte metallene Schiene um zirka 8 verbogen worden. Auch habe das dazu geführt, dass das künstliche Kniegelenk des Klägers instabil geworden sei und er sowohl im Bereich des überbelasteten Knies als auch im Oberschenkel Schmerzen verspürt habe. Von Juni bis Dezember 2008 habe der Kläger kaum selbständig leben können; jede Bewegung des linken Beines habe Schmerzen verursacht. Er sei weiterhin auf seine Gehhilfen angewiesen gewesen, die er normalerweise sechs Wochen nach der Operation nicht mehr benötigt hätte. Im Dezember 2008 habe die Biegung der Schiene 16 betragen. Deshalb sei am 4.12.2008 eine Folgeoperation notwendig geworden, bei der der komplette Oberschenkelknochen durchgesägt und ein Nagel eingesetzt worden sei. Die daran anschließende stationäre Behandlung habe bis zum 11.12.2008 angedauert. Seit dieser Operation habe der Kläger Krankengymnastik in Anspruch nehmen müssen und auch heute noch Schwierigkeiten, sein linkes Bein voll zu belasten. Aufgrund der weiter bestehenden Beschwerden sei mit dem Eintritt von Spätfolgen zu rechnen. Insbesondere sei es nicht ausgeschlossen, dass er sich einer weiteren Operation unterziehen müsse.
Der Kläger hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 5.500 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. den Beklagten zu verurteilen, ihn von der Forderung seiner Rechtsanwälte aus der Rechnung vom 15.4.2009 i.H.v. 546,69 EUR freizustellen;
3. feststellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm alle zukünftigen immateriellen und materiellen Schäden zu ersetzen, die auf den Unfall vom 26.6.2008 zurückzuführen sind, soweit Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen seien.
Dem ist der Beklagte entgegengetreten.
Der Beklagte hat behauptet, dass es am Vormittag des 26.6.2008 in der Kaffeeküche neben dem Speisesaal zu einem Wasserrohrbruch gekommen sei. Das hierbei ausgetretene Wasser sei jedoch sofort entfernt worden; der Boden sei trocken gewischt worden. Zum Unfallzeitpunkt habe sich keine Restfeuchte auf dem Boden befunden. Darüber hinaus seien zum Unfallzeitpunkt neben dem Speisesaaleingang gut sichtbare gelbe Schilder mit dem Hinweis "Rutschgefahr" aufgestellt gewesen. Hierdurch seien sämtliche Personen beim Betreten des Raumes grundsätzlich darüber informiert gewesen, dass wegen eventuell bestehender Rutschgefahr besonders vorsichtig gegangen werden müsse.
Das LG hat dem Kläger unter Klageabweisung im Übrigen ein Schmerzensgeld von 5.000 EUR zugesprochen. Es hat hierzu ausgeführt: Nach Durchführung der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des LG fest, dass der Kläger wegen vorhandener Nässe im Speisesaal mit einer seiner beiden Krücken weggerutscht sei. Es sei davon auszugehen, dass die Feuchtigkeit durch die Undichtigkeit an einem Wasserschlauch am Waschbecken in der Küche aufgetreten sei. Es könne letztendlich dahingestellt bleiben, ob Warnschilder vorhanden gewesen seien. Denn für den Fall des Auftretens einer konkreten Gefahrenstelle reiche das Aufstellen solcher Warnschilder nicht aus. Vo...