Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen dem Arbeitnehmer eines Werkunternehmers vertragliche Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gegen den Auftraggeber des Werkunternehmers zustehen.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 27.11.2008; Aktenzeichen 16 O 12/05) |
Tenor
I. Die Erstberufung der Beklagten zu 4) gegen das am 27.11.2008 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 16 O 12/05 - wird zurückgewiesen.
II. Auf die Zweitberufung des Klägers wird das am 27.11.2008 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 16 O 12/05 - unter Zurückweisung derselben im Übrigen in Ziff. 1. des Tenors abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte zu 1) wird - als Gesamtschuldnerin neben der Beklagten zu 4) - verurteilt, an den Kläger 60.000 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.4.2004 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) - als Gesamtschuldnerin neben der Beklagten zu 4) - verpflichtet ist, dem Kläger allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der diesem aus dem Vorfall vom 12.2.2004 in den Räumen der K. klinik P. entstanden ist und noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.
III. Die Beklagte zu 1) wird - als Gesamtschuldnerin neben der Beklagten zu 4) - verurteilt, an den Kläger 5.371,97 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5.2.2005 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
IV. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden wie folgt verteilt:
Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und 3) sowie 65 % seiner eigenen außergerichtlichen Kosten und der Gerichtskosten. Die Beklagten zu 1) und 4) tragen 35 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Gerichtskosten als Gesamtschuldner. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 4) tragen zu 30 % der Kläger und diese selbst zu 70 %.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, die andere Partei leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.
VI. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Mit der Klage hat der Kläger Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche aus einem Unfall geltend gemacht, den er am 12.2.2004 als Arbeitnehmer der Fa. J. W. GmbH, einer Heizungsbaufirma, erlitten hat, die von der Erstbeklagten als Subunternehmerin beauftragt worden war.
Die Erstbeklagte war als Generalunternehmerin beauftragt worden, den Rohbau und Ausbau der K. klinik P. zu erstellen. Die Beklagten zu 2) und 3) sind Mitarbeiter der Erstbeklagten (Projektleiter/Polier). Mit der Ausführung der Rohbauarbeiten beauftragte die Erstbeklagte die Beklagte zu 4), die ihren Geschäftssitz in Bukarest hat. Im Rahmen dieses Vertrages war die Beklagte zu 4) auch zur Absicherung der Deckenaussparungen verpflichtet.
Bei Einmessen einer Rohrtrasse stürzte der Kläger durch eine mit Abdeckplatten überdeckte Öffnung des 1. Untergeschosses ca. 5 m tief auf den Betonfußboden des 2. Untergeschosses und erlitt dabei schwere Verletzungen.
Für die nicht ordnungsgemäße Abdeckung macht der Kläger alle Beklagten verantwortlich und hat ein Schmerzensgeld von 100.000 EUR, materiellen Schadensersatz i.H.v. 5.798,76 EUR sowie die Feststellung der Einstandspflicht aller Beklagten für künftige Schäden begehrt.
Durch das angefochtene Urteil (Bl. 589 ff.), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen vollumfänglich gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG die Klage gegen die Beklagten zu 1) bis 3) abgewiesen und die Beklagte zu 4) unter Klageabweisung im Übrigen zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 60.000 EUR und von Schadensersatz i.H.v. 5.371,97 EUR verurteilt sowie deren Einstandspflicht für Zukunftsschäden festgestellt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte zu 1) hafte weder unter vertraglichen noch deliktischen Gesichtspunkten. Eine unmittelbare vertragliche Haftung bestehe mangels eines Schuldverhältnisses nicht. Aber auch nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter komme eine Haftung nicht in Betracht. Die Erstbeklagte sei mit Blick auf die vertragliche Ausgestaltung ihrer Beziehungen zu den Nachfolgeunternehmen nämlich nicht sicherungspflichtig. Ein anderes Ergebnis folge auch nicht unter dem Aspekt von dem Besteller eines Werkvertrages obliegender Schutzpflichten, denn dem Besteller oblägen keine Schutzpflichten zugunsten eines weiteren von ihm hinzugezogenen Werkunternehmers, da die entsprechenden Werkverträge keinen Anhaltspunkt für einen Schutzwillen des an sich Berechtigten aufwiesen. Die Arbeitgeberin des Klägers sei erst hinzugezogen worden, nachdem die Rohbauarbeiten durch die Beklagte zu 4) vollendet worden waren. Dass der mit dieser geschlossene Werkvertrag Schutzwirkung zugunsten ande...