Leitsatz (amtlich)

1. Eine Regelung in den AGB eines Makler-Alleinauftrages, wonach der bereits durch die schriftliche Vereinbarung oder die Inanspruchnahme der Tätigkeit zustande gekommene Vertrag eine Laufzeit von 12 Monaten "ab Online-Schaltung der Immobilie auf unserer Homepage und im Internet" haben und sich sodann mangels Kündigung jeweils um einen weiteren Monat verlängern soll, ist wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam, weil sie den Beginn der 12-Monats-Frist, vor deren Ablauf eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist, unabhängig vom Vertragsbeginn und der damit einhergehenden Bindung des Kunden in das freie Belieben des Maklers stellt und überdies von Voraussetzungen abhängig macht, die für den Kunden nicht zu beeinflussen sind.

2. Eine solche Regelung ist auch intransparent, weil sie vordergründig auf die Vertragslaufzeit von "12 Monaten ab Online-Schaltung" abstellt und sich nur in der Zusammenschau mit den weiteren Regelungen ergibt, dass der Kunde eine Bindung bereits mit Abschluss des Vertrages eingeht und der Makler es in der Hand hat, über den Beginn der 12-Monats-Frist selbst zu bestimmen.

 

Normenkette

BGB §§ 305, 307, 652

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 02.09.2022; Aktenzeichen 1 O 77/22, Urteil)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 2. September 2022 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 1 O 77/22 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass der Maklervertrag vom 11. November 2021 (Objekt ID: ...) durch die Kündigung der Klägerin vom 27. Januar 2022 zum 28. Februar 2022 wirksam beendet worden ist.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 71.043,- Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit ihrer am 5. April 2022 zum Landgericht Saarbrücken erhobenen Klage hat die Klägerin (wörtlich) die Feststellung begehrt, dass ein von den Parteien geschlossener Maklervertrag von ihr wirksam gekündigt worden sei und dass die Beklagte keinen Anspruch auf eine von ihr geforderte Abstandszahlung in Höhe von 71.043,- Euro habe. Die Klägerin hatte sich nach dem Tode ihres Ehemannes zum Verkauf des Anwesens H. in M. entschlossen und zu diesem Zweck der Beklagten einen "qualifizierten Alleinauftrag" erteilt, den diese mit Schreiben vom 11. November 2021 unter Beifügung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) "bestätigt" hatte (Bl. 8 ff. GA); in den AGB der Beklagten (Bl. 12 GA) hieß es u.a.:

"1. Der Maklervertrag zwischen dem Kunden und uns kommt entweder durch schriftliche Vereinbarung oder durch die Inanspruchnahme unserer Maklertätigkeit auf der Grundlage bzw. in Kenntnis der für die erfolgreiche Vermittlungs-/Nachweistätigkeit anfallenden Provisionsforderung zustande. Ergibt sich nicht aus den Umständen oder abweichenden Vereinbarungen etwas anders, hat der Vertrag eine Laufzeit von mindestens 12 Monaten ab Online-Schaltung und wird individuell im Maklervertrag eingesetzt. Der Vertrag verlängert sich jeweils automatisch um einen weiteren Monat, wenn nicht eine Vertragspartei mit einer Frist von einem Monat vor Vertragsende gekündigt hat.

2. Der Kunde ist nicht berechtigt, während der Laufzeit des Maklervertrages mit uns andere Makler mit Vermittlungs- und/oder Nachweistätigkeiten betreffend das Vertragsobjekt zu beauftragen. Bei schuldhaftem Verstoß gegen diese Regelung haftet der Kunde uns für die hierdurch entstehenden Schäden.

6. Kennt der Kunde bei Abschluss des Maklervertrages die Vertragsgelegenheit betreffend das angebotene Vertragsobjekt sowie die Vertragsbereitschaft des anderen Vertragsteils des Hauptvertrages (Vorkenntnis), oder erlangt er diese Kenntnis während der Laufzeit des Maklervertrages von dritter Seite, so hat er uns dies unverzüglich mitzuteilen."

Im Anschreiben vom 11. November 2021 (Bl. 8 f. GA) hieß es u.a.:

"Der guten Ordnung halber erlauben wir uns, Ihnen auf diesem Wege noch einmal die zwischen uns vereinbarten Auftragsmodalitäten zu bestätigen.

Dieser qualifizierte Alleinauftrag bezieht sich auf den Nachweis von Kaufinteressenten oder die Vermittlung des Kaufvertragsabschlusses und ist gültig für 12 Monate ab Online-Schaltung der Immobilie auf unserer Homepage und im Internet! Wird er nicht unter Einhaltung einer Frist von vier Wochen zum Monatesende schriftlich gekündigt, verlängert er sich stillschweigend jeweils um einen weiteren Kalendermonat.

Sie haben uns zugesagt, Interessenten, Makler und sonstige Dritte, die sich während der Auftragsdauer direkt an Sie wenden, an uns zur weiteren Bea...

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