Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch filmische Darstellung in einer Fernsehsendung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Erkennbarkeit einer Person in einer Fernsehmagazinsendung scheitert nicht an der Verpixelung ihrer Gesichtszüge.
2. Ist eine Äußerung über eine berufliche Tätigkeit in Wahrnehmung berechtigter Interessen und mit pressemäßiger Sorgfalt vorgenommenen Prüfung ihrer Richtigkeit erfolgt, so kann Unterlassung nicht beansprucht werden, solange Wahrheit oder Unwahrheit offen sind.
3. Zur Erstreckung eines Unterlassungsanspruchs auf wesensgleiche Darstellungen.
4. Ein Geldentschädigungsanspruch kommt nicht in Betracht, wenn die betroffene Person in der filmischen Darstellung weitgehend unkenntlich gemacht worden ist und Äußerungen lediglich ihr berufliches, den Blicken der Öffentlichkeit ohnehin ausgesetztes Verhalten betreffen.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 11.09.2008; Aktenzeichen 3 O 334/06) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11.9.2008 verkündete Urteil des LG Saarbrücken (3 O 334/06) abgeändert und die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und des Berufungsverfahrens.
III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.000 EUR festgesetzt.
V. Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Streitwertbeschluss des LG vom 23.9.2008 (3 O 334/06) abgeändert und der Streitwert für den Rechtsstreit erster Instanz auf 24.000 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Parteien streiten um die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers.
Der Kläger war als Mitarbeiter der Fa. R. Marketing in der Telekommunikationsbranche tätig und bot im Auftrag des Telefon- und Internetanbieters A. als Haustürvertreter Telefon- und Internetanschlüsse an.
Im Verlauf einer Fernsehausstrahlung am 10.4.2006 berichtete die Beklagten zu 1) in ihrer Sendung Wirtschaftsmagazin W. über Praktiken bei Vertragsabschlüssen von A. mit Verbrauchern (Wortlautprotokoll Bl. 19 ff. d.A.).
Zur Erstellung des Berichts entschloss sich die Beklagte zu 2) als Mitarbeiterin der den Filmbeitrag produzierenden Firma A. dazu, sich zur Recherche anonym auf eine Stellenanzeige der Fa. R. Marketing hin zu melden. Sie bewarb sich um ein Vorstellungsgespräch und wurde von dem Kläger als Ausbilder in ihren vermeintlichen neuen Job eingewiesen. Der weibliche Lockvogel gab sich dabei nicht als Autorin eines beabsichtigten Filmbeitrags zu erkennen, sondern behauptete, dass sie sich um die Arbeitsstelle bemühe. Während der anschließend gemeinsam mit dem Kläger durchgeführten Vertreterbesuche führte die Beklagte zu 2) heimlich eine Filmkamera mit sich und filmte den Kläger ohne dessen Wissen, dessen Einverständnis oder dessen nachträglicher Genehmigung.
Die so unter Verwendung der heimlich mitgeführten Kamera gewonnenen Bilder wurden im Rahmen der W.-Sendung ausgestrahlt. Der Bericht wurde vom Moderator mit folgenden Worten anmoderiert (vgl. Wortlautprotokoll Bl. 19 ff. d.A.):
"Ältere Menschen sind immer wieder die Opfer. Für Drücker. Für jene Leute, die tagsüber an der Tür klingeln, um scheinbar besonders günstige Dinge wie z.B. Telefontarife zu verkaufen. Ältere Menschen wissen eigentlich, dass Drücker nicht gut für sie sind. Sie wissen es und öffnen ihnen dennoch die Tür. Da kann unser W.-Detektiv dann auch nicht helfen. Aber er kann ermitteln und andere warnen. Das tut er jetzt."
Bei dem sog. W.-Detektiv handelte es sich tatsächlich um einen Schauspieler. Im Rahmen des gesamten nachfolgenden Berichts wurde der Detektiv als derjenige dargestellt, der die Ermittlungen hinsichtlich der Geschäftspraktiken der Haustürvertreter durchgeführt habe. In dem nachfolgenden Film, der bei der produzierenden Firma A. unter dem Arbeitstitel "Haustürgeschäfte: A.'s Altenabzocke" geführt wurde und der mit Ausnahme der An- und Abmoderation den gesamten Inhalt der W.-Berichterstattung darstellte, wurde dann u.a. Folgendes dargestellt:
Der mit einem Trenchcoat bekleidete W.-Detektiv klingelte zunächst an der Wohnungstür eines angeblichen Nachbarn, weil er den Postboten verpasst und dieser ein Paket bei seinem Nachbarn abgegeben habe. Sein vermeintlicher Nachbar fiel ihm aber ins Wort und schlug mit den Worten "Wir geben nichts" die Tür zu. Der W.-Detektiv kommentierte dies dann wie folgt:
"Tja, so misstrauisch war meine neue Klientin leider nicht. Die Dame hat sich an der Haustür bequatschen lassen. Nicht von mir, sondern einem windigen Vertreter."
In der Folge wurde ein Gespräch des Detektivs mit dieser Dame namens H. über einen ihr ungünstigen mit einem Vertreter abgeschlossenen Telefonvertrag gezeigt. Nach dem Besuch bei ihr wurde dann in dem Bericht weiter erklärt, der Detektiv habe sich zu einem Telefonexperten von T. begeben, um sich bei ihm zu erkundigen, ob die Dame falsch beraten worden sei. Er behauptete dann, dass er dem Telefonexperten die Unterlagen von A. vorgelegt habe. In dem Film kommentierte der Detektiv seinen Besuch bei dem Telefone...