Entscheidungsstichwort (Thema)
Sofortige Beschwerde gegen eine anwaltliche Vergütungsfestsetzung in einem arbeitsrechtlichen Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Lässt sich der zum Abwickler einer Kanzlei bestellte Rechtsanwalt nach seiner Bestellung von der prozesskostenhilfeberechtigten Partei eines Rechtsstreits mit der Fortführung des Mandats beauftragen, entsteht kein eigener Gebührenanspruch des Rechtsanwalts, der neben die ihm als Abwickler zustehende Vergütung tritt.
Normenkette
BRAO §§ 55, 53; RVG §§ 45, 49; BRAO § 55 Abs. 3, § 53 Abs. 10 S. 4
Verfahrensgang
ArbG Dresden (Entscheidung vom 25.08.2020; Aktenzeichen 2 Ca 2259/17) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dresden vom 25.8.2020, Az. 2 Ca 2259/17 wird
zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Klägerin war durch Beschwerdeentscheidung des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 14.6.2018 Prozesskostenhilfe für den von ihr geltend gemachten Klageantrag zu 1 im Wert von 7.281,88 € bewilligt und insoweit Rechtsanwalt Kunz zur Wahrnehmung der Rechte beigeordnet worden. Da Rechtsanwalt Kunz währen des laufenden Verfahrens verstarb, bestellte die Rechtsanwaltskammer Sachsen am 24.10.2018 den Beschwerdeführer für die Zeit vom 22.10.2018 bis zum 21.10.2019 zum Abwickler der Kanzlei des Verstorbenen.
Mit Schreiben vom 12.12.2018 beantragte der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Abwickler, die der Klägerin bewilligte Prozesskostenhilfe dahingehend abzuändern, dass dieser nunmehr der Beschwerdeführer beigeordnet werde, ferner die Prozesskostenhilfe auch auf die Widerklage der Beklagten zu erstrecken. Mit Schreiben vom 18.2.2019 erinnerte der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Abwickler an die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Abwehr der Widerklage unter seiner Beiordnung. Mit Beschluss vom 23.4.2019 bewilligte das Arbeitsgericht Prozesskostenhilfe für die Verteidigung gegen die Widerklage und ordnete den Beschwerdeführer bei. Mit Schreiben vom 26.4.2019 bat der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Abwickler die bisherige PKH-Bewilligung auf ihn umzuändern, wie bereits am 12.12.2018 beantragt. Am 16.5.2019 erließ das Arbeitsgericht daraufhin einen Beschluss, nachdem die der Klägerin unter Beiordnung von Rechtsanwalt Kunz bewilligte Prozesskostenhilfe auf den Beschwerdeführer übertragen wird. Das Hauptsacheverfahren endete durch einen mittels gerichtlichen Vergleichs vom 27.5.2019 festgestellten Vergleich.
Mit Schreiben vom 16.7.2019 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung der Gebühren und Auslagen gegen die Staatskasse, wobei die Festsetzung "auch für Rechtsanwalt Kunz als bestellter Abwickler seiner Kanzlei" begehrt werde. Mit Schreiben vom 1.8.2019 stellte der Beschwerdeführer klar, dass die Vergütungsfestsetzung nur aus dem Wert begehrt werde, für den Prozesskostenhilfe bewilligt wurde.
Durch Beschluss vom 13.9.2019 setzte die Urkundsbeamtin des Arbeitsgerichts die dem Beschwerdeführer als bestellter Abwickler aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 1.594,01 € fest. Dabei legte sie einen Gegenstandswert von 23.481,88 €, mithin den Wert der Klage von 7.281,88 € und den Wert der Widerklage i.H.v. 16.200,00 €, zugrunde. Die Festsetzung setzt sich im Einzelnen aus folgenden Gebührentatbeständen zusammen:
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG |
490,10 € |
1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG |
452,40 € |
1,0 Einigungsgebühr Nr. 1003 VV RVG |
377,00 € |
Postpauschale Nr. 7002 VV RVG |
20,00 € |
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG |
254,51 € |
Mit Schreiben vom 4.10.2019 legte der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft das Abwickler Erinnerung gegen den Beschluss vom 13.9.2019 ein, soweit die beim vormaligen Prozessbevollmächtigten angefallene Vergütung in Form einer Verfahrens- und einer Terminsgebühr je aus einem Wert von 7.281,88 € nicht mit festgesetzt worden seien. Der Tod des Anwalts mache einen Anwaltswechsel notwendig mit entsprechender Folge für die Erstattungsfähigkeit der dadurch entstehenden Mehrkosten.
Die Urkundsbeamtin half der Erinnerung nicht ab, weil die vor der Bestellung des Abwicklers erwachsenen Vergütungsansprüche beim Abwickler nicht nochmals entstünden. Nachdem ihr die Erinnerungsentscheidung vorgelegt worden war, holte die Richterin des Arbeitsgerichts eine Stellungnahme des Vertreters der Staatskasse vom 21.2.2020 ein, auf die Bezug genommen wird. In Kenntnis dieser Stellungnahme machte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 3.4.2020 geltend, im Zuge der Kanzleiabwicklung habe er sämtliche von Rechtsanwalt Kunz betreuten Mandanten gefragt, ob sie von ihm weiter betreut werden möchten, was einige, wie "der Antragsteller hier" bejaht und Ihn also gesondert beauftragt hätten, was zum erneuten Gebührenanfall führe. Mit Schreiben vom 4.5.2020 ergänzte der Beschwerdeführer, er sei nach § 55 Abs. 3 BRAO verpflichtet, die vom vormaligen Anwalt verdienten Gebühren mit geltend zu machen. Die Vorschrift besage aber nicht, dass in seiner Person die gesetzlichen Gebühren nicht neu entstehen würden. § 53 Abs. 9 BRAO bestätige, dass...