Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer Geschäftsstellenverwalterin und Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle am Bundesverwaltungsgericht

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Tätigkeit als Geschäftsstellenverwalterin und Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bei einem der obersten Gerichtshöfe des Bundes (hier: Bundesverwaltungsgericht) ist nach Entgeltgruppe 9A TV EntgO Bund zu vergüten, da die Gesamtarbeitszeit zu mehr als die Hälfte von Arbeitsvorgängen ausgefüllt wird, die Aufgaben einer Geschäftsstellenverwalterin bei einem Gericht mit schwierigen Tätigkeiten enthalten.

 

Normenkette

TV EntgO Bund

 

Verfahrensgang

ArbG Leipzig (Entscheidung vom 24.03.2016; Aktenzeichen 5 Ca 4247/15)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 28.02.2018; Aktenzeichen 4 AZR 816/16)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 24.03.2016 - 5 Ca 4247/15 - abgeändert und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 01.05.2014 nach der Entgeltgruppe 9 a TV EntgO Bund zu vergüten und die sich insoweit ergebenden Differenzbeträge für die Monate ab Mai 2014 ab dem auf den jeweiligen Fälligkeitstag folgenden Tag mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

3. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin ist seit dem 01.09.2002 auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 02.09.2002 (Anlage K 1 zur Klageschrift vom 27.11.2015; Bl. 6/7 d. A.) als vollbeschäftigte Angestellte bei der Beklagten beschäftigt. Unter § 2 des Arbeitsvertrages vereinbarten die Parteien, dass sich ihr Arbeitsverhältnis nach dem Bundesangestelltentarifvertrag-Ost (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für die Beklagte geltenden Fassung bestimmt. Seit dem Zeitpunkt ihrer Einstellung übt die Klägerin Tätigkeiten einer Geschäftsstellenverwalterin und Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle am Bundesverwaltungsgericht aus. In einer Tätigkeitsdarstellung und -bewertung vom 12.03.2003 (Anlage K 3 zur Klageschrift vom 27.11.2015; Bl. 9 ff. d. A.) ist die Tätigkeit der Klägerin wie folgt beschrieben:

Fortlaufend nummerieren: 5.1, 5.2, usw.

Zeitanteil

5.1 Schriftgutverwaltung mit Neuanlegung, Führung, Vervollständigung und Aufbewahrung der Akten

40 %

Aufgaben des mittleren Dienstes entsprechend der Geschäftsstellenordnung des Bundesverwaltungsgerichtes (GStO-BVerwG)

5.2 Verteilung der neu eingegangenen Sachen entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan; Feststellung des zuständigen Richters gemäß der senatsinternen Geschäftsverteilung; Prüfung der Rechtsmittelfristen; Prüfung der Vertretungsbefugnis

15 %

5.3 Führung der Register, Pflege der Daten im Geschäftsstellenprogramm "GEORG"

10 %

5.4 Beantwortung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen

2 %

5.5 Fertigung des anfallenden Schreibwerks

20 %

5.6 Beachtung der getrennten Aktenführung (Senats- und Prozess-, Sach- und Handakten sowie sonstige Sonderhefte nebst Mehrfertigungen) bei der Unterbringung in besonders umfangreichen Verfahren

1 %

5.7 Rückgabe der Akten an die Vorinstanzen/Verwaltungsbehörden in besonderen Verfahren

2 %

5.8 Aufgabe des Kostenbeamten

10 %

Beim Bundesverwaltungsgericht besteht eine Geschäftsstelle, die insgesamt zehn Revisionssenate und zwei Wehrdienstsenate betreut. Die Geschäftsstelle gliedert sich in sechs Arbeitsgruppen, die jeweils durch mindestens eine/n Beamtin/en des gehobenen Dienstes geleitet wird. In den Arbeitsgruppen sind insgesamt 19 tarifangestellte Geschäftsstellenverwalterinnen beschäftigt, die (auch) Aufgaben als Urkundsbeamtinnen wahrnehmen. Die Aufgaben der Geschäftsstelle und ihrer Bediensteten sind in einer "Geschäftsstellenordnung für das Bundesverwaltungsgericht" (GStO-BVerwG; in Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 03.02.2016; Bl. 58 ff. d. A.) geregelt. Zu den Geschäften des mittleren Dienstes einschließlich der Aufgaben der Urkundsbeamten der Geschäftsstelle verhält sich § 5 GStOBVerwG.

Die Klägerin erhielt eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe VI b BAT-O. Zum 01.10.2005 wurde die Klägerin im Zuge der Überleitung in den TVöD der Entgeltgruppe 6 mit einer individuellen Zwischenstufe zwischen den Stufen 5 und 6 zugeordnet.

Seit dem 01.10.2007 erhält sie eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 6 Stufe 6 TVöD-Bund.

Mit Schreiben vom 26.11.2014 (Anlage K 5 zur Klageschrift vom 27.11.2015; Bl. 16 d. A.) teilte die Klägerin der Beklagten Folgendes mit:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit bitte ich um Überprüfung meiner Eingruppierung in die EG 6.

Im TV EntgO Bund vom 5. September 2013 steht unter Teil III Nr. 20 zur Protokollerklärung:

Schwierige Tätigkeiten im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals sind die Aufgaben als Urkundsbeamtin oder Urkundsbeamter der Geschäftsstellen bei den obersten Gerichtshöfen des Bundes.

Mit freundlichen Grüßen"

Mit Schreiben vom 24.06.2015 wies die Klägerin zur Klarstellung darauf hin,...

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