Entscheidungsstichwort (Thema)
Korrigierende Rückgruppierung. Diplomsportlehrer. Vertrauensschutz
Leitsatz (redaktionell)
Es kann im Einzelfall unzulässig sein, dass sich der öffentliche Arbeitgeber auf die Fehlerhaftigkeit der bisherigen tariflichen Eingruppierung beruft, wenn für den Arbeitnehmer ein entgegenstehender Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist. Ein Vertrauenstatbestand kann durch zusätzliche Umstände begründet werden, die nach der Eingruppierungsmitteilung eingetreten sind.
Normenkette
TVG § 1; BAT-O §§ 22-23; BGB § 242
Verfahrensgang
ArbG Dresden (Urteil vom 08.10.2003; Aktenzeichen 16 Ca 2426/03) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 08.10.2003 – 16 Ca 2426/03 – wird auf Kosten des Beklagten
z u r ü c k g e w i e s e n. |
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger über den 31.07.2002 hinaus nach der Vergütungsgruppe I b BAT-O zu vergüten ist.
Der im Jahre 1946 geborene Kläger wird seit 01.08.1971 an der Technischen Universität …(…) als Diplomsportlehrer im Hochschuldienst beschäftigt.
Im Änderungsvertrag vom 19.09.1991 vereinbarten die Parteien, dass alle bisherigen Regelungen des Arbeitsvertrages vom 01.08.1971 einschließlich erfolgter Änderungen ihre Gültigkeit verlieren, durch die Regelungen des BAT-O ersetzt werden und das Arbeitsverhältnis sich nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts (manteltarifliche Vorschriften – BAT-O) vom 10.12.1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung Anwendung findet. Die Eingruppierung des Klägers erfolgte gemäß § 22 Abs. 3 BAT-O in Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT-O.
Mit einem weiteren Änderungsvertrag vom 23.02.1993 wurde die bisherige Vergütungsgruppe rückwirkend ab 01.12.1991 in Vergütungsgruppe I b BAT-O abgeändert. In § 2 dieses Vertrages heißt es „im Übrigen gelten die Bedingungen des Arbeitsvertrages unverändert fort”. Ebenfalls unter dem 23.02.1993 teilte der Kanzler der … dem Kläger unter Bezugnahme auf eine Arbeitsplatzbeschreibung mit, dass er auf der Grundlage des Bewährungs- bzw. Fallgruppenaufstiegs in die Vergütungsgruppe I b BAT-O eingruppiert sei.
Mit Änderungsvertrag vom 13.02./18.03.1997 vereinbarten die Parteien – beginnend ab 01.10.1997 – eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 66,66 % der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten bis zum Erreichen der Vollbeschäftigung durch Erhöhung der Arbeitszeitanteile zu gleichen Teilen bei frei werdenden oder zusätzlichen Beschäftigungsanteilen im Bereich des Hochschulsports des Kernbereichs der … In § 2 dieses Vertrages heißt es:
„Im Übrigen gelten die Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 01.08.1971 i. d. F. des Änderungsvertrages vom 17.09.1991 und des Änderungsvertrages vom 23.02.1993 unverändert fort.”
Mit Schreiben vom 03.02.2003 teilte der Kanzler der … dem Kläger unter Bezugnahme auf die Prüfungsmitteilung des Sächsischen Rechnungshofes vom 11.04.2001 über die Prüfung der Ausgaben für den allgemeinen Hochschulsport (Querschnittsprüfung) mit, dass die irrtümlich vorgenommene Eingruppierung unzutreffend sei und er richtigerweise nach der Richtlinie der TdL in Vergütungsgruppe II b BAT-O einzugruppieren sei.
Unter dem 06.02.2003 wurde der Kläger schriftlich davon in Kenntnis gesetzt, dass er mit Wirkung vom 01.08.2002 nach der Vergütungsgruppe II b BAT-O eingruppiert ist.
Mit der am 02.05.2003 zum Arbeitsgericht Dresden erhobenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass er über den 31.07.2002 hinaus weiter nach der Vergütungsgruppe I b BAT-O zu vergüten ist.
Der Kläger hat vorgetragen:
Er sei richtig in die Vergütungsgruppe II a bzw. im Wege des Bewährungsaufstiegs in die Vergütungsgruppe I b BAT-O eingruppiert. Seine Tätigkeit habe sich seit 1990 trotz Wegfalls des Pflichtfaches Sport nicht grundlegend geändert. 65 % seiner Gesamtarbeitszeit entfielen auf sportpädagogische und damit Lehrtätigkeiten.
Die Rückgruppierung verstoße gegen Treu und Glauben, da der Beklagte auch unter Berücksichtigung des Zeitablaufs einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe. Über einen Zeitraum von mehr als elf Jahren habe er keine Hinweise darauf erhalten, dass seine Eingruppierung fehlerhaft sein könnte.
Bei Abschluss der Teilzeitvereinbarung sei die bestehende Eingruppierung zwingende Voraussetzung für die Zustimmung zur Stundenreduzierung gewesen. Er sei davon ausgegangen, dass die im Änderungsvertrag angegebene Vergütungsgruppe verbindlich zum Vertragsinhalt geworden sei. Schließlich sei nach in Kraft treten der Richtlinie der TdL über die Eingruppierung der nicht in der Anlage 1 a zum BAT-O erfassten Angestellten in der Fassung vom 04./05.09.1997 bewusst keine Rückgruppierung der Diplomsportlehrer vorgenommen worden.
Der Kläger hat beantragt,
festzustell...