Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulage bei vertretungsweiser Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit. Berücksichtigung eines fehlenden Qualifikationsmerkmals bei der Bemessung der Zulage
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Höhe der Zulage bei der Vertretung einer höherwertigen Tätigkeit im Geltungsbereich des TVöD bemisst sich nach dem jeweiligen Unterschiedsbetrag zu dem Tabellenentgelt, das sich bei dauerhafter Übertragung nach § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD-VKA ergeben hätte.
2. Leitet der Vertretene einen sog. "Meisterbereich" und übt damit eine seiner Meisterausbildung entsprechende Tätigkeit aus, muss der Vertreter, der keine Meisterausbildung hat, bei der Bemessung der Zulage die fiktive Eingruppierung in die nächst niedrigere Entgeltgruppe hinnehmen, da ihm ein Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe des Vertretenen fehlt.
Normenkette
TVöD-VKA EntgO Anl. 1 EG 5; TVöD-VKA EntgO Anl. 1 EG 8; TVöD-VKA EntgO Anl. 1 EG 9a; TVöD-VKA § 14 Abs. 3; TVöD-VKA § 17 Abs. 4; TVÜ-VKA §§ 17, 18 Abs. 2, § 29 Abs. 2; BMT-G-O § 20 Abs. 1 Anl. 1
Verfahrensgang
ArbG Leipzig (Entscheidung vom 05.06.2020; Aktenzeichen 3 Ca 205/20) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 05.06.2020 - 3 Ca 205/20 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe einer persönlichen Zulage.
Die beklagte Stadt betreibt die "...", der im Stadtgebiet der Beklagten die Abfallentsorgung, die Straßenreinigung und die Betreuung der städtischen Grünanlagen obliegt, als kommunalen Eigenbetrieb. Hierbei handelt es sich um einen Entsorgungsbetrieb im Sinne des § 40 Abs. 1 TVöD-BT-E.
Der Kläger, der nicht über den Abschluss eines Meisters verfügt, war seit dem 16.07.2005 auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 07.07.2005 (Anlage K 1 zur Klageschrift vom 21.01.2020; Bl. 7 d. A.) in Vollzeit als Straßenreiniger bei der Beklagten beschäftigt. Gemäß § 3 des Arbeitsvertrages richtete sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des Bundesmanteltarifvertrages-Ost für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Seit dem 01.02.2007 wird der Kläger auf der Grundlage des Änderungsvertrages vom 31.01.2007 (Anlage K 2 zur Klageschrift vom 21.01.2020; Bl. 8 d. A.) als Fahrer von Lastkraftwagen beschäftigt. Gemäß § 1 des Arbeitsvertrages richtete sich seine Eingruppierung "gemäß § 17 TVÜ-VKA bis zum Inkrafttreten der Entgeltordnung zum TVöD nach der Anlage 1 (Lohngruppenverzeichnis) des Tarifvertrages zu § 20 Abs. 1 BMT-B-O in Verbindung mit der Anlage 3 zum TVÜ-VKA. Seit diesem Zeitpunkt erhält der Kläger eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 5 TVöD-VKA, zuletzt aus der Stufe 5.
Seit März 2018 vertritt der Kläger bei urlaubs- oder krankheitsbedingter Abwesenheit den über eine abgeschlossene Meisterausbildung verfügenden und als Meister tätigen Herrn ..., der eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 a TVöD-VKA erhält. Hierfür erhielt der Kläger in der Zeit bis September 2018 eine Zulage in Höhe des Differenzbetrages zwischen den Entgeltgruppen 5 und 9 a TVöD-VKA.
In der Folgezeit vertrat der Kläger Herrn ... an folgenden Tagen:
- 13. bis 26.11. und 30.11.2018 |
= 10 Tage |
- 01. und 02.12.2018 |
= 2 Tage |
- 22. bis 24.01.2019 |
= 3 Tage |
- 08. bis 10.02.2019 |
= 3 Tage |
- 08. bis 20.05. und 24. bis 31.05.2019 |
= 15 Tage |
- 04. bis 11.11., 15. bis 17.11. und 22. bis 24.11.2019 |
= 12 Tage |
Die Beklagte zahlte für die Tage der Vertretung Zulagen zwischen den Entgeltgruppen 5 und 8 TVöD-VKA wie folgt (vgl. die Abrechnungen für die Monate November 2018 bis Mai 2019 in Anlage K 4 zur Klageschrift vom 21.01.2020; Bl. 11 ff. d. A., sowie die Abrechnung für den Monat November 2019 in Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 19.01.2021; Bl. 129/130 d. A.):
- November 2018 |
= 187,59 € brutto |
- Dezember 2018 |
= 24,21 € brutto |
- Januar 2019 |
= 36,31 € brutto |
- Februar 2019 |
= 40,20 € brutto |
- Mai 2019 |
= 260,82 € brutto |
- November 2019 |
= 179,86 € brutto |
Mit Schreiben vom 30.04.2019 (Anlage K 5 zur Klageschrift vom 21.01.2020; Bl. 16 d. A.) forderte der Kläger die Beklagte erfolglos auf, die Zulage für die Monate November 2018 bis Februar 2019 weiterhin nach der Differenz zur Entgeltgruppe 9 zu bemessen.
Mit seiner Klage vor dem Arbeitsgericht Leipzig hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Er hat die Ansicht vertreten, die bisherigen Eingruppierungsregelungen des BMT-G-O seien gemäß § 29 Abs. 2 TVÜ-VKA weiter anzuwenden mit der Folge, dass sich die Höhe der Zulage weiter nach der Differenz zwischen den Entgeltgruppen 5 und 9 a TVöD-VKA bemesse. Im Bereich des Lohngruppenverzeichnisses finde sich eine Regelung zur Absenkung des Unterschiedsbetrages nicht.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn als Vergütungsdifferenz für den Monat November 2018 215,20 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über de...