Entscheidungsstichwort (Thema)

Prävention. Kündigung Schwerbehinderter. Betriebsbedingte Kündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Einhaltung der Vorschrift des § 84 SGB IX durch den Arbeitgeber ist nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung eines Schwerbehinderten.

 

Normenkette

SGB IX §§ 84-85; KSchG § 1 Abs. 2-3

 

Verfahrensgang

ArbG Bautzen (Urteil vom 21.02.2002; Aktenzeichen 8 Ca 8583/01)

AK Görlitz

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 21.02.2002 – 8 Ca 8583/01 – wird auf Kosten der Klägerin

zurückgewiesen.

Revisionszulassung: keine.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten auch in dem Berufungsverfahren weiter darüber, ob das sie verbindende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher Arbeitgeberkündigung vom 19. September 2001 mit Ablauf des 31. Januar 2002 sein Ende gefunden hat.

Von der erneuten Darstellung des Tatbestandes wird aufgrund der Regelung in § 69 Abs. 2 ArbGG n. F. abgesehen. Denn das Arbeitsgericht hat in dem angefochtenen Urteil das tatsächliche Vorbringen beider Parteien vollständig und richtig beurkundet. Deshalb wird hierauf aufgrund § 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG n. F. (für den Fall einer erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde) Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage zu Recht abgewiesen. Das Berufungsgericht folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung und sieht in deren Umfang von einer erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 69 Abs. 2 ArbGG n. F.).

Lediglich mit Blick auf die Berufungsbegründung sieht sich die Kammer zu folgenden ergänzenden Ausführungen veranlaßt:

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des zuständigen Senats des Bundesarbeitsgerichts können sich betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG aus innerbetrieblichen Umständen (Unternehmerentscheidungen wie z. B. Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einschränkung der Produktion) oder außerbetrieblichen Gründen (z. B. Auftragsmangel oder Umsatzrückgang) ergeben. Diese betrieblichen Erfordernisse müssen „dringend” sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Die Kündigung muß wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein. Bei Kündigungen aus innerbetrieblichen Gründen muß der Arbeitgeber darlegen, welche organisatorischen oder technischen Maßnahmen er angeordnet und wie sich die von ihm behaupteten Umstände unmittelbar oder mittelbar auf die Beschäftigungsmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirken. Von den Arbeitsgerichten ist voll nachzuprüfen, ob eine derartige unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt; eine solche unternehmerische Entscheidung ist selbst nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG vom 27. Juni 2002 – 2 AZR 489/01 –, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 119 m. w. N.).

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Arbeitsgericht aus zutreffenden Gründen angenommen. Mit Wirksamwerden der Kündigung des Grünflächenpflegevertrages mit Ablauf des 31. Dezember 2001 bestand eine Möglichkeit der Beschäftigung im Bereich der Öffentlichen Grünflächenpflege bei der Beklagten nicht mehr. Die unternehmerische Entscheidung, die dazu geführt hat, ist aber, anders als die Klägerin meint, nicht offenbar unsachlich. Die Fortschreibung des Betriebskonzeptes für die weitere Entwicklung der Beklagten ab dem Jahre 2001 mit dem Schwerpunkt der Festlegung von Maßnahmen zur Konsolidierung des Unternehmens – hier Seite 3 – ist bereits im Ergebnis der Stadtratssitzung der Stadt … am 29. Februar 2001 den Stadtratsfraktionen zur Standpunktbildung übergeben worden. Bei der von der Klägerin angesprochenen Seite 3 betreffend Grundlagen und Geschäftsfelder des Unternehmens (der Beklagten) handelt es sich um eine Planung aus der Zeit vor Ausspruch der Kündigung des Grünflächenpflegevertrages (vom 30. Mai 2001). Dies ergibt sich schon aus dem Eingangssatz, wo es heißt, „der Gesellschafter und das Unternehmen gehen davon aus, daß der im Gesellschaftsvertrag vom 31. Mai 1995 festgelegte Zweck und Gegenstand des Unternehmens bestehen bleibt”. Diese Möglichkeit hat sich ersichtlich zerschlagen und zur Kündigung des Pflegevertrages geführt. Ursächlich hierfür war die sich aus der Sicht der Beklagten ergebende Unwirtschaftlichkeit der eigenständigen Betriebsabteilung „Grünflächenpflege”. Diese wiederum resultierte einerseits aus hohen Kosten und andererseits aus Leistungsminderungen des städtischen Haushaltes, wie sich aus dem Protokoll der Sitzung 09/2001 des Aufsichtsrates der Beklagten unter TOP 1 ergibt. Es ist nicht nur nicht offenbar unsachlich, sondern sachlich, wenn die Beklagte hieraus den Schluß gezogen hat, daß in einem zumutbaren Zeitraum im Bereich der Grünflächenpflege kein positives Betriebsergebnis bei gleichem Leistungsumfang erwartet werden könne und sich von dem betriebswirtschaftlich betrach...

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