Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts im Rahmen der Prozesskostenhilfe. Anrechnung der Zahlung des erstattungspflichtigen Gegners. Höhe der Erledigungsgebühr

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auf den PKH Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts ist die Zahlung des (teil-)erstattungspflichtigen Gegners des Hauptsacheverfahrens in Höhe der tatsächlichen Zahlung anzurechnen (Anschluss an LSG Darmstadt vom 23.6.2014 - L 2 AS 568/13 B = AGS 2014, 581 - juris, RdNrn 47f).

2. Die Höhe der nach altem Recht (vor Inkrafttreten des 2. KostRMoG am 1.8.2013) entstandenen Erledigungsgebühr ist in aller Regel an die im Verfahren verdiente Verfahrensgebühr anzulehnen und nach den gleichen Maßgaben zu bestimmen.

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Erinnerungsführers werden die ihm aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Chemnitz vom 7. April 2014 auf 127,35 € festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung eines im Rahmen der Prozesskostenhilfe (PKH) in einem sozialgerichtlichen Verfahren beigeordneten Rechtsanwalts.

Die Klägerin, die bereits im Widerspruchsverfahren durch den Beschwerdeführer (Bf.) anwaltlich vertreten wurde, führte vor dem Sozialgericht Chemnitz (SG) mehrere Klagverfahren, mit denen sie die Überprüfung einer Vielzahl von Bescheiden des Beklagten begehrte; mit dem hiesigen Verfahren (Az. S 40 AS 4292/10) bezweckte sie die Rücknahme eines Aufhebungsbescheides, mit dem die Bewilligung von Arbeitslosengeld II im März 2009 teilweise aufgehoben und die Erstattung von 62,48 € festgesetzt wurde. Die Klage wurde - wie in anderen Verfahren - lediglich mit dem Hinweis begründet, der ursprüngliche Aufhebungs- und Erstattungsbescheid sei mangels Berechnungsbogens intransparent gewesen; deswegen sei auch die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid falsch.

Mit Beschluss vom 23.01.2012 bewilligte das SG der Klägerin ab Antragstellung PKH ohne Auferlegung von Raten oder Zahlungen aus dem Vermögen und unter Beiordnung des Bf. Bereits in der anderthalb Stunden dauernden mündlichen Verhandlung am 19.01.2012 beendeten die Beteiligten das Verfahren mit neun weiteren Verfahren durch einen, auch andere Leitungszeiträume betreffenden Vergleich, wonach die Klage im vorliegenden Verfahren zurückgenommen wurde.

Am 02.02.2012 hat der Bf. beantragt, die aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) und dessen Vergütungsverzeichnisses (VV RVG) für das Klagverfahren wie folgt festzusetzen:

Verfahrensgebühr (Nr. 3103 VV RVG)

 170,00 €

Terminsgebühr (Nr. 3106 VV RVG)

200,00 €

Pauschale für Post und Telekommunikation (Nr. 7002 VV RVG)

 20,00 €

Abwesenheitsgeld, Fahrtkosten (Nrn. 7003, 7005 VV RVG)

8,06 €

Zwischensumme

 398,06 €

Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG)

 75,63 €

Gesamtsumme

473,69 €

abzgl. Anteil der von der Beklagten zu erstattenden Kosten (½)

236,84 €

zu zahlender Betrag

236,85 €

Mit Anweisung vom 28.02.2012 erstattete der Beklagte dem Bf. 320,15 €, wovon 236,85 € auf das Klageverfahren, der Rest auf das Vorverfahren entfielen.

Mit Verfügung vom 04.07.2012 hat der Urkundsbeamte des SG die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen für das Klageverfahren wie folgt festgesetzt:

Verfahrensgebühr (Nr. 3103 VV RVG)

 113,33 €

Terminsgebühr (Nr. 3106 VV RVG)

38,00 €

Pauschale für Post und Telekommunikation (Nr. 7002 VV RVG)

 20,00 €

Abwesenheitsgeld, Fahrtkosten (Nrn. 7003, 7005 VV RVG

8,06 €

Zwischensumme

179,39 €

Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG)

 34,08 €

aus der Staatskasse geschuldete Vergütung und Auslagen

213,47 €

abzgl. Zahlung der Bekl.

236,84 €

zu zahlender Betrag

0 €

Der Bf. hat hiergegen am 06.08.2012 Erinnerung eingelegt, die das SG mit Beschluss vom 07.04.2014 zurückgewiesen hat. Gegen den ihm am 17.04.2014 zugestellten Beschluss hat der Bf. am 28.04.2014 Beschwerde eingelegt. Er begehrt - neben einer höheren Vergütung und der Nichtanrechnung der Kostenerstattung durch den Beklagten - im Wege der Nachtragsfestsetzung die Vergütung einer Einigungsgebühr (Nrn. 1000, 1005, 1006 VV RVG) in Höhe der Mittelgebühr von 190 €.

Dem Senat haben die Akten des Vergütungsfestsetzungsverfahrens einschließlich des Erinnerungsverfahrens und des PKH-Beiheftes, die Akten des Kostenfestsetzungsverfahrens sowie die Akten des SG-Verfahrens vorgelegen.

II.

1. Der Senat entscheidet über die Beschwerde in voller Besetzung ohne seine ehrenamtlichen Richter (vgl. § 33 Abs. 8 Satz 3 RVG), weil der an sich nach § 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG zuständige Einzelrichter die Sache wegen grundsätzlicher Bedeutung zur Entscheidung auf den Senat übertragen hat (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG). Der Senat ist hieran auch nicht durch den im Verfahren zum Az. L 8 AS 519/15 B KO pau...

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