Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. keine Hilfe in sonstigen Lebenslagen gem § 73 SGB 12. Bedürftigkeitsprüfung. Vermögenseinsatz. Bausparvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Prozesskostenhilfe iS der §§ 114 ff ZPO ist bei der Prüfung nach § 115 Abs 2 ZPO keine Hilfe in einer sonstigen Lebenslage nach § 73 SGB 12, sondern eine eigenständige, abschließend in der ZPO geregelte Leistung zur Durchsetzung des Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit.

2. Durch die Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe darf der nach den Vorschriften des SGB 12 gewährte Vermögensschutz nicht beeinträchtigt werden. Niemand soll sich schlechter, aber auch nicht besser durch die Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe stellen, als er mit Blick auf seine übrigen Bedarfe stünde, wenn er keinen Prozess führen würde.

3. Eine Erhöhung des Freibetrags nach § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs 2 Nr 9 SGB 12 (juris: BSHG§88Abs2DV 1988) über 1600 EUR hinaus richtet sich danach, ob der PKH-Antragsteller aus anderen Gründen als der PKH-Bewilligung die dort genannten Voraussetzungen (besondere bzw zusätzliche Bedarfslagen) für eine Erhöhung des Freibetrags erfüllt. Ein Leistungsbezug nach dem SGB 12 ist nicht erforderlich.

4. Entgegen BGH vom 10.6.2008 - VI ZB 56/07 = FamRZ 2009, 497.

5. Bestätigung der Beschlüsse des erkennenden Senats vom 17.5.2006 - L 1 B 121/05 AL-PKH = FamRZ 2007, 156 und vom 30.6.2008 - L 1 B 305/07 AL-PKH.

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 09. März 2010 wird zurückgewiesen.

II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

In der Hauptsache ist die Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe streitig.

Mit seiner beim Sozialgericht Dresden (SG) erhobenen Klage hat sich der Kläger und Beschwerdeführer gegen den Bescheid der Beklagten vom 11.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2009 gewandt und außerdem beantragt, ihm Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt R… B… zu bewilligen.

Mit Beschluss vom 09.03.2010 hat das SG den Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von PKH mangels Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung abgelehnt.

Gegen den ihm am 16.03.2010 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 15.04.2010 Beschwerde eingelegt.

Der Beschwerdeführer trägt vor, das SG habe zu Unrecht die hinreichende Aussicht auf Erfolg der Rechtsverfolgung abgelehnt. Er ist der Auffassung, es sei ein Grundbetrag von 2.600,00 EUR und nicht nur von 1.600,00 EUR anzusetzen (Hinweis auf Bundesgerichtshof [BGH], Beschluss vom 10.06.2008 - VI ZB 56/07 - FamRZ 2009, 497).

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 09. März 2010 aufzuheben und ihm Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt R…B… zu bewilligen

sowie

ihm für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt R… B… zu gewähren.

Der Beschwerdegegner trägt vor, der Beschwerdeführer verfüge über einzusetzendes Vermögen, weil sein Bausparvertrag zum 31.12.2009 ein Guthaben von 2.496,90 EUR ausweise und dadurch der anzusetzende Freibetrag von 1.600,00 EUR überschritten werde. Bausparverträge zählten grundsätzlich zum einsetzbaren Vermögen.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig (§§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), aber unbegründet.

Das SG hat zu Recht abgelehnt, dem Beschwerdeführer PKH zu bewilligen. Denn der Beschwerdeführer verfügt über zumutbar einzusetzendes Vermögen.

Gemäß § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über die PKH entsprechend. Nach § 114 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Bewilligung der PKH erfolgt für jeden Rechtszug besonders (§ 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

§ 115 ZPO regelt näher, in welchen Fällen die PKH zu versagen und in welchen Fällen sie gegen Raten oder ohne Ratenzahlung zu bewilligen ist. Insoweit ist in § 115 Abs. 1 ZPO bestimmt, welche Beträge vom Einkommen abgesetzt werden können. § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO legt darüber hinaus fest, dass Vermögen einzusetzen ist, soweit dies zumutbar ist.

Ob Vermögen einzusetzen ist, bestimmt sich nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO i.V.m. § 90 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

§ 90 SGB XII sieht vor:

“(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1. eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,

2. eines Kapitals einschließlich seiner Erträge, das der zusätzlichen Alte...

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