Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge. Verzinsung. vollständiger Erstattungsantrag iS von § 27 Abs 1 Satz 1 SGB 4

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Erstattungsantrag ist nicht erst dann vollständig iSv § 27 Abs 1 S 1 SGB IV, wenn er alle Angaben enthält, die dem Versicherungsträger eine Entscheidung ohne weitere Ermittlungen ermöglichen (Aufgabe von LSG Chemnitz vom 6.5.2014 - L 1 KR 126/13 NZB = juris RdNr 36).

 

Tenor

I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 14. Februar 2019 verurteilt, den Erstattungsanspruch für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 31. Januar 2019 ab dem 1. Juni 2009 bis zum Ablauf des 31. Januar 2019 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu verzinsen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen

II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Verzinsung einer Beitragserstattung.

Die 1934 geborene Klägerin ist seit September 2004 bei der Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert. Zuvor war sie Mitglied der Z.... Ersatzkasse. Seit März 1991 bestand für sie eine betriebliche Altersversorgung bei der beigeladenen Pensionskasse, wobei die Klägerin den entsprechenden Versicherungsvertrag nach ihrem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben im September 1994 als Versicherungsnehmerin übernahm und privat fortführte, d.h. die Versicherungsprämien aus eigenen Mitteln zahlte.

Seit August 1999 bezieht die Klägerin neben ihrer Altersrente Rentenleistungen des Beigeladenen aus der betrieblichen Altersversorgung. Seit dem 01.01.2004 zog die Z.... Ersatzkasse diese Versorgungsbezüge mit dem vollen allgemeinen Beitragssatz (zuvor: hälftiger Beitragssatz) zur Verbeitragung in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung heran (Bescheid vom 15.12.2003). Dem widersprach die Klägerin (Widerspruch vom 23.03.2004).

Auch die Beklagte zog nach dem Kassenwechsel die Versorgungsbezüge zur Verbeitragung heran. Die hiergegen gerichteten Widersprüche der Klägerin blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12.01.2012). Die Beklagte verwies unter Bezugnahme auf § 229 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) darauf, dass aus den Rentenzahlungen der Pensionskasse ab dem 01.09.2004 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten seien.

Die hiergegen am 09.02.2012 erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Leipzig mit Urteil vom 11.04.2017 unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 23.07.2014 - B 12 KR 26/12 R und B 12 KR 28/12 R - juris) abgewiesen.

Gegen das ihr am 19.05.2017 zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 02.06.2017 Berufung eingelegt, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt hat.

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), wonach - wie im Falle der Direktversicherung (siehe hierzu BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 28.09.2010 - 1 BvR 1660/08 - juris) auch im Falle von Versicherungsverträgen mit Pensionskassen der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts verlassen wird, wenn nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Vertrag ohne Beteiligung des Arbeitgebers fortgeführt wird und fortan allein der Versicherte die Prämien einzahlt (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 27.06.2018 - 1 BvR 100/15, 1 BvR 249/15 - juris), hat die Beklagte die Beiträge aus Versorgungsbezügen neu berechnet (Bescheid vom 13.02.2019). Für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.12.2013 sind Beiträge in Höhe von insgesamt 5.116,56 € (Überweisung am 18.02.2019) unmittelbar durch die Beklagte und für die Zeit vom 01.01.2014 bis 31.01.2019 weitere 3.032,73 € durch den Beigeladenen als Zahlstelle erstattet worden. Hinsichtlich der Verzinsung der Erstattung hat die Beklagte eine gesonderte Entscheidung angekündigt.

Die Klägerin hat daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und nur noch an ihrer Forderung nach Verzinsung der Erstattungssumme festgehalten. Zudem hat sie die Erstattung der ihr entstandenen außergerichtlichen Kosten (Aufwandsentschädigung für Schriftwechsel, Information, Kopien etc.) begehrt.

Mit Bescheid vom 14.02.2019 hat die Beklagte eine Verzinsung der Erstattungssumme abgelehnt. § 27 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) sehe eine Verzinsung erst für die Zeit nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags vor. Die vollständigen Unterlagen - insbesondere die Aufstellung, der zu entnehmen sei, welcher Anteil der Pensionskassenleistung privat finanziert worden sei, sei am 07.01.2019 bei ihr - der Beklagten - eingegangen. Eine Verzinsung komme daher erst für die Zeit ab 01.03.2019 in Betracht. Der Erstattungsbetrag sei indes bereits im Februar 2019 vollständig zur Auszahlung gekommen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Bescheid vom 14.02.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Erstattungsanspruch nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu verzinsen.

Die Bekla...

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