Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Abgabepflicht. private Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung. Angebot von regelmäßigen künstlerischen und publizistischen Veranstaltungen im Rahmen des Freizeitprogramms für Patienten. kein wesentlicher Unternehmenszweck
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Künstlersozialabgabe sind nach § 24 Abs 1 S 1 Nr 3 KSVG Unternehmen verpflichtet, deren wesentlicher Zweck darauf gerichtet ist, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen zu sorgen. Dabei muss die Organisation von Veranstaltungen mit Künstlern zum wesentlichen Geschäftsinhalt des Unternehmens bzw. zu den das Unternehmen prägenden Aufgaben und Zielen gehören. Diese ergeben sich maßgeblich aus der satzungsmäßigen Aufgabenstellung sowie aus den tatsächlichen Verhältnissen. Wesentlicher Geschäftsinhalt und Unternehmenszweck der privaten Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung für Psychosomatik und Orthopädie liegt in der Durchführung stationärer, teilstationärer und ambulanter Rehabilitationsmaßnahmen, Anschlussheilbehandlungen und ambulanter physiotherapeutischer Behandlungen. Soweit diese künstlerische oder publizistische Veranstaltungen im Rahmen des Freizeitprogramms für die Patienten anbietet, werden diese damit nicht zum wesentlichen Unternehmenszweck.
2. Nach § 24 Abs 1 S 2 KSVG sind zur Künstlersozialabgabe auch Unternehmer verpflichtet, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen. Dabei ist ein Öffentlichkeitsbezug nicht allein entscheidend. Maßgeblich ist vielmehr, ob mittels der Veranstaltungen auch Öffentlichkeits-"Arbeit" betrieben oder ob geworben wird. Charakteristisch dafür ist, dass das Unternehmen im Rahmen der Veranstaltungen der Öffentlichkeit seinen Unternehmenszweck präsentiert und mit Hilfe der beauftragten selbständigen Künstler zugleich auch öffentlichkeitswirksam für sich selbst wirbt. Die Veranstaltungen müssen zumindest auch der Präsentation seiner Arbeit in der Öffentlichkeit und dürfen nicht gänzlich anderen Zwecken dienen, wie das bei einer Reha-Klinik der Fall ist, die für eine abwechslungsreiche Freizeitgestaltung ihrer Zielgruppe - der Patienten - sorgt.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 02. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 1.569,43 € festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Abgabepflicht der Klägerin nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) für die Jahre 2010, 2011 und 2012.
Vor der Rechtsnachfolge war die Klägerin eine in das Handelsregister des Amtsgerichts N.... unter HRA … eingetragene Kommanditgesellschaft mit Sitz in A.... und Standort Z…. Die Klägerin betreibt eine Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung für Psychosomatik und Orthopädie und führt stationäre, teilstationäre und ambulanter Rehabilitationsmaßnahmen, Anschlussheilbehandlungen und ambulante physiotherapeutische Behandlungen für Versicherte der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Gesetzlichen Rentenversicherungsträger, Berufsgenossenschaften und privaten Krankenversicherungen durch. Daneben werden auch Selbstzahler aufgenommen.
In der "Freizeit" der Patienten finden in der Klinik der Klägerin wöchentlich Veranstaltungen wie z. B. kleine Konzerte und Tanzveranstaltungen, Kabarettaufführungen, Lesungen, Dia-Vorträge und Live-Reportagen statt, zu denen die Klägerin die Patienten kostenlos einlädt. Die Veranstaltungen werden durch Aushänge in der Klinik bekanntgegeben. Darüber hinaus werden die jeweiligen Veranstaltungen nicht bekanntgemacht. Im Jahr 2012 organisierte die Klägerin 99 und im Jahr 2013 109 Veranstaltungen im künstlerischen oder publizistischen Bereich.
Mit Bescheid vom 28.08.2012 setzte die Beklagte für das Jahr 2010 eine Künstlersozialabgabe (KSA) in Höhe von 563,00 € fest auf der Grundlage eines Entgelts in Höhe von 14.436 € und für das Jahr 2011 eine KSA in Höhe von 591,08 € auf der Grundlage eines Entgelts in Höhe von 15.156 € bei jeweils einem Abgabesatz von 3,9%. Gleichzeitig setzte sie die zu leistenden Vorauszahlungen für den Januar und Februar 2012 in Höhe von monatlich 46,92 € und für März 2012 bis Februar 2013 in Höhe von monatlich 49,26 € fest.
Mit Bescheid vom 18.04.2013 rechnete die Beklagte die Künstlersozialabgabe für das Jahr 2012 ab und stellte eine KSA in Höhe von 415,35 € fest auf der Grundlage eines Entgelts in Höhe von 10.650 € bei einem Abgabesatz von 3,9%.
Die gegen die Bescheide vom 28.08.2012 und 18.04.2013 eingelegten Widersprüche der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2013 zurück. Vorliegend sei zwar kein gesonderter Erfassungsbescheid über die grundsätzliche Abgabepflicht gemäß § 24 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) ergangen, dieser sei aber ...