Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. mitarbeitender Gesellschafter einer GmbH mit zwei Gesellschaftern ohne Geschäftsführerstellung. Familiengesellschaft. Gesellschaftsanteil von 50 %. gesetzliche Gesellschafterrechte in der Gesellschafterversammlung. Verhinderungsrechtsmacht. fehlende Gestaltungsrechtsmacht. abhängige Beschäftigung. keine Befugnis der DRV Bund auf der Grundlage des § 7a Abs 2 SGB 4 über das Bestehen eines Kontrahierungszwangs eines privat Krankenversicherten mit einem privaten Pflegeversicherer zu entscheiden
Leitsatz (amtlich)
1. Ein GmbH-Gesellschafter, der kein Mehrheitsgesellschafter ist (und hier über Gesellschaftsanteile von 50 % verfügt) und nicht zum Geschäftsführer bestellt wurde, besitzt allein aufgrund seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte in der Gesellschafterversammlung regelmäßig nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft nach Belieben aufzuheben oder abzuschwächen. Ein solcher Gesellschafter unterliegt grundsätzlich dem Weisungsrecht des Geschäftsführers.
2. Auch wenn gegen den Willen dieses Gesellschafters aufgrund der Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag keine seine eigene Tätigkeit betreffenden Beschlüsse im Rahmen der Gesellschafterversammlung gefasst werden können, reicht das nicht aus, um von einer Selbständigkeit des Gesellschafters bei seiner Tätigkeit für die GmbH ausgehen zu können. Dazu wäre eine "Gestaltungsrechtsmacht" des Gesellschafters erforderlich, kraft derer der Gesellschafter selbst aufgrund eigener rechtlicher Befugnis Entscheidungen mit Blick auf die Unternehmensführung der GmbH treffen und realisieren kann. Diese "Gestaltungsrechtsmacht" erfordert einen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschafterversammlung.
3. Die DRV Bund ist auf Grundlage des § 7a Abs 2 SGB IV nicht befugt, eine Feststellung zum Kontrahierungszwang eines privat Krankenversicherten mit einem privaten Pflegeversicherer nach § 23 Abs 1 SGB XI zu treffen.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 22. November 2016 geändert. Der Tenor wird wie folgt neu gefasst: Der Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2013, insoweit in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Januar 2014 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die durch die Beklagte ausgesprochene Feststellung seiner Versicherungspflicht im Rahmen seiner Tätigkeit als Betriebsleiter im Unternehmen der Beigeladenen zu 1) seit dem 29. Januar 2007.
Der 1957 geborene Kläger trat 1999 in die mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag vom 7. Juli 1981 gegründete Beigeladene zu 1) als Gesellschafter ein. Die Beigeladene zu 1) betreibt eine Holzhandlung mit angegliedertem Sägewerk sowie einen Fuhrbetrieb. Mit notariell beurkundetem Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 29. Januar 2007 wurden die Gesellschaftsanteile der Beigeladenen zu 1) hälftig auf den Kläger und dessen Bruder, Herrn G. K., übertragen. Beide halten seitdem einen Anteil von jeweils 84.400,00 EUR am Stammkapital der Beigeladenen zu 1) und mithin jeweils 50 % des Stammkapitals. Der Bruder des Klägers ist bereits seit 1996 zum alleinigen Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) bestellt und auf Grundlage von schriftlichen Anstellungsverträgen für die Beigeladene zu 1) tätig (zuletzt aufgrund eines Geschäftsführer-Anstellungsvertrages vom 31. Dezember 1997).
Der Kläger, der sich selbst als Holzkaufmann bezeichnet arbeitet bereits seit 1978 in dem vormals von seinem Vater und dessen zwei Brüdern gegründeten Unternehmen der Beigeladenen zu 1). Im hier interessierenden Zeitraum war (und ist) der Kläger im Betrieb der Beigeladenen zu 1) für die Bereiche Einkauf und Logistik zuständig und mit weitgehender Handlungsvollmacht ausgestattet, aufgrund derer er z.B. auch Abmahnungen und Kündigungen gegenüber im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmern aussprechen darf. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag (oder auch ein sonstiges Vertragswerk, das die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) zum Gegenstand hätte) wurde zu keinem Zeitpunkt geschlossen. Prokura ist dem Kläger nicht eingeräumt. Er erhält für seine Tätigkeit ein monatliches Gehalt, das sich im März 2013 noch auf 4.300,00 EUR brutto belief. Bald darauf erhöhte es sich auf 5.500,00 EUR brutto monatlich. Der Kläger gab im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 22. November 2016 an, bereits „seit mehreren Jahren“ eine Vergütung in dieser Höhe zu beziehen, während er im Formularantrag vom 6. März 2013 noch eine monatliche Vergütung von 4.300,00 EUR angegeben hatte. Zudem bezieht der Kläger eine jährliche Gewinnbeteiligung in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes vom „Steuerbilanzgewinn“ der Beigeladenen zu 1) (vgl. da...