Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Statusfeststellungsklage. prozessualer Umgang mit getrennt erhobenen Klagen des Arbeitgebers und Arbeitnehmers gegen Statusfeststellungsentscheidungen. Rechtsschutzgarantie. Entstehung unterschiedlicher Prozessrechtsverhältnisse. keine Sperrwirkung aufgrund doppelter Rechtshängigkeit. rechtskräftiges Urteil. Bindungswirkung in Parallelverfahren
Orientierungssatz
1. Die gemäß Art 19 Abs 4 GG verfassungsrechtlich verankerte Rechtsschutzgarantie gebietet, dass im Rahmen des § 17 Abs 1 S 2 GVG nicht allein auf die Identität des Streitgegenstandes abzustellen ist, sondern dass auch der Umstand Beachtung finden muss, dass in Fällen in denen der Arbeitgeber und der (vermeintlich) Beschäftigte jeweils gesondert gegen eine aufgrund des § 28p Abs 1 S 5 SGB 4 ergangene Statusfeststellungsentscheidung Klagen erheben, zwei gesonderte, unterschiedliche Prozessrechtsverhältnisse entstehen.
2. Wegen der Verschiedenheit der durch die gesonderten Klagen begründeten jeweiligen Prozessrechtsverhältnisse führt die Identität der Streitgegenstände nicht zu einer Unzulässigkeit der zeitlich später erhobenen Klage nach § 17 Abs 1 S 2 GVG.
3. Die Bindungswirkung rechtskräftiger Urteile gilt nicht nur für die Beteiligten eines Rechtsstreits, sondern erfasst auch die Gerichte in einem späteren Prozess dieser Beteiligten über denselben Gegenstand (vgl BSG vom 27.6.2007 - B 6 KA 27/06 R = SozR 4-1500 § 141 Nr 1).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 9. Februar 2018 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung der Beklagten, wonach er im Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2006 und dem 31. Oktober 2010 seine Tätigkeit als Begutachter von Ferkeln und geschlachteten Mastschweinen sowie als LKW-Fahrer von Tiertransporten im Auftrag des Beigeladenen zu 1. im Rahmen einer Beschäftigung erbracht habe und daher vom 1. Mai 2006 bis zum 31. Oktober 2010 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen sei (während in den ersten vier Monaten eine geringfügige Beschäftigung mit der Pflicht zur Abführung pauschaler Sozialversicherungsbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung bestanden habe).
Der 1956 geborene Kläger war bis in das Jahr 2008 hinein Landwirt und bewirtschaftete in T einen Betrieb mit 54 ha Nutzfläche. Insbesondere betrieb der Kläger dort eine Schweinezucht mit 60 Sauen, die im Jahr ca 1.400 Ferkel zur Welt brachten. 2008 brach im Schweinebestand des Klägers eine Viruserkrankung aus, infolge derer sämtliche Schweine eingingen bzw getötet wurden. Zur Neuanschaffung eines Nutzschweinebestandes war der Kläger wirtschaftlich nicht in der Lage.
Der Beigeladene zu 1. ist gelernter Landwirt sowie Tierwirt der Fachrichtung „Schwein“ und betreibt neben eigener Landwirtschaft und einem Futtermittel- und Getreidehandel vor allem ein über einen eigenen LKW-Fuhrpark verfügendes Viehhandelsunternehmen in S1 mit Sitz in
(Betriebsnummer: 12258006), bei dem es sich nach steuerlichen Maßstäben um einen Großbetrieb handelt; in den Jahren 2007 und 2008 tätigte der Beigeladene
zu 1. mit seinem Viehhandel Umsätze in Höhe von jeweils mehr als 50 Millionen Euro (EUR). Der Schweinehandel weist dabei zwei Schwerpunkte auf: Zum einen werden in großem Umfang Ferkel vornehmlich in D eingekauft (ca 8.000 pro Woche) und sodann an Landwirte in S1 zur Zucht und/oder Mästung wieder verkauft, zum anderen beliefert der Beigeladene zu 1. Schlachthöfe mit schlachtreifen Mastschweinen von Landwirten in S1
Seit Beginn des Jahres 2006 übernahm der Kläger für den Beigeladenen zu 1. bei Bedarf - und im Falle, dass der Kläger entsprechende Arbeitszeitkapazitäten zur Verfügung hatte - die Begutachtung bzw die Selektion von Ferkeln im Zusammenhang mit dem Ankauf der Tiere in D sowie den LKW-Transport von zur Schlachtung vorgesehenen Mastschweinen zu Schlachthöfen in Nord-, West- und Ostdeutschland. Schriftliche Vereinbarungen über die jeweiligen Arbeitseinsätze des Klägers für den Beigeladenen zu 1. wurden zwischen den Parteien der Auftragsverhältnisse nicht geschlossen. Die von dem Kläger übernommenen Tätigkeiten bestanden regelhaft darin, dass der Kläger mit einem Tiertransporter des Beigeladenen zu 1. zu den sogenannten Selektionshöfen in D fuhr (insoweit nutzt der Beigeladene zu 1. zwei solcher Einrichtungen in Randers und Sunds), dort die angekauften Ferkel auflud und sie sodann nach Deutschland zum Weiterverkauf verbrachte. Die vor dem Ankauf bzw dem Aufladen der Tiere durchzuführende Ferkelselektion dient dem Herausfiltern kranker, verletzter oder verhaltensauffälliger Tiere.
Neben dem Transport - einschließlich vorangehender Selektion - von Ferkeln führte der Kläger für den Beigeladenen zu 1. auch Fahrten mit dessen LKW...