Leitsatz (amtlich)
Indizien für einen manipulierten Verkehrsunfall: Bereits ein zweimaliger Anstoß beim Einparkvorgang kann technisch und verkehrspsychologisch unplausibel sein; eine fehlende Dokumentation bezüglich An- oder Verkauf des beschädigten Fahrzeugs.
Normenkette
BGB § 823; StVG §§ 7, 17; VVG § 115
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 17. November 2017 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2 Zivilkammer des Landgerichts Lübeck wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Lübeck ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.167,77 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 17.11.2017, Aktenzeichen 2 O 139/14, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 29. Mai 2018 Bezug genommen. In diesem hat der Senat ausgeführt:
"Gemäß § 513 ZPO kann die Berufung nur auf eine Rechtsverletzung oder darauf gestützt werden, dass die gemäß § 529 ZPO zu berücksichtigenden Feststellungen ein anderes als das landgerichtliche Ergebnis rechtfertigen. Beides liegt nicht vor. Denn das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die auf Zahlung von Schadensersatz gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.
Berufungsgründe liegen nicht vor. Das Landgericht hat zutreffend einen Anspruch der Klägerin gemäß §§ 7, 17 StVG, 823 BGB, 115 VVG verneint.
Denn ein Unfall im Sinne eines plötzlichen, von außen kommenden Ereignisses im Straßenverkehr zwischen dem PKW der Klägerin und dem beim Beklagten versicherten Fahrzeug liegt nicht vor. Der Beklagte hat den behaupteten Unfallhergang bestritten.
Der Beklagte trägt die Beweislast für das von ihm behauptete manipulierte Unfallgeschehen und die Einwilligung der Klägerin. Da dem verklagten Haftpflichtversicherer der Einblick in die Motivation und das Verhalten des Anspruchsstellers regelmäßig fehlt, kann der Beweis eines manipulierten Unfalles im Einzelfall durch den Nachweis einer ungewöhnlichen Häufung von Indiztatsachen, die für einen manipulierten Unfall sprechen, erbracht werden. Diese Indiztatsachen sind im Rahmen einer Gesamtschau zu würdigen. Der Einwilligungsnachweis ist bereits dann geführt, wenn sich eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für unredliches Verhalten feststellen lässt, was sich aus einer ungewöhnlichen Häufung von Umständen und Beweiszeichen ableiten lässt, die in ihrer Gesamtschau auf eine Manipulation des Unfallgeschehens hindeuten (vgl. Röttger, ZfS 2018, 184 - 194 m. w. N.). Voraussetzung der durch Indizien gewonnenen Überzeugungsbildung ist keine mathematisch lückenlose Gewissheit - insoweit dürfen die Anforderungen an den Indizienbeweis nicht überspannt werden -, vielmehr ist ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit ausreichend, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (OLG Düsseldorf, Urteil v. 19.03.2013, Beck RS 2013, 07675).
Diesen Beweis hat das Landgericht im vorliegenden Fall als geführt angesehen. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) berechtigt das Gericht, die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse grundsätzlich nach seiner individuellen Einschätzung zu bewerten, wobei der Richter lediglich an die Denk-, Natur- und sonstigen Erfahrungssätze gebunden ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. § 286, Rn. 13). Ein Verstoß gegen diese Grundsätze ist nicht erkennbar. Im Übrigen steht die Wiederholung der Beweisaufnahme außerdem gem. §§ 529, 531 ZPO nicht mehr im reinen Ermessen des Berufungsgerichts. Sie ist im Sinne eines gebundenen Ermessens vielmehr nur dann zulässig, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen begründen und eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall einer Beweiserhebung die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand mehr haben werden, sich also ihre Unrichtigkeit herausstellt (Zöller/Heßler, a.a.O. § 529, Rn. 3). Solche konkreten Anhaltspunkte werden mit der Berufung jedoch nicht vorgetragen. Es genügt nicht, wenn die Berufungsklägerin lediglich ihre Beweiswürdigung anstelle derjenigen des Landgerichts setzt.
Die von der Klägerin mit der Berufung vorgebrachten Umstände können die Beweiswürdigung nicht mit Erfolg angreifen. Die Verständigung der Polizei durch den Fahrer des beim Beklagten versicherten Fahrzeugs ist (vgl. Röttger, a. a. O. S. 191: das Merkmal ist ambivalent) kein entscheidendes Indiz. Es ist allgemein...