Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an Ausschlagungserklärung einer in England lebenden Erbin
Normenkette
BGBEG Art. 11 Abs. 1 Alt. 2, Art. 25 Abs. 1; BGB § 1945 Abs. 1 Hs. 1, § 2361; GVG § 184
Verfahrensgang
AG Neumünster (Beschluss vom 03.07.2014; Aktenzeichen 6 VI 383/09) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des AG Neumünster vom 3.7.2014 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1) trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Kostenerstattung findet nicht statt.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 44.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1) hat am 24.3.2011 zu Protokoll der Rechtspflegerin des AG Neumünster einen Erbscheinsantrag nach der Erblasserin gestellt, dem mit dem Erbschein vom 21.9.2011 entsprochen wurde. Hinsichtlich des Erbscheinsantrags wird verwiesen auf das Protokoll der Rechtspflegerin (Bl. 18 ff. Bd. VIII d.A.). Vorausgegangen waren jahrelange Ermittlungen betreffend die Erben, in die auch der Notar X. eingeschaltet gewesen ist. Zahlreiche Erben der I., II. und III. Ordnung waren entweder vorverstorben oder haben form- und fristgerecht ausgeschlagen. Die Einzelheiten ergeben sich aus dem Erbscheinsantrag.
Im Rahmen der umfangreichen Erbenermittlung wurde auch die in England wohnende Beteiligte zu 2) (A.) gemäß Verfügung des AG Neumünster vom 9.6.2006 (Bl. 187 i.V.m. Bl. 80 ff. Bd. III) angeschrieben und über den Sachverhalt und die Erbschaft in Kenntnis gesetzt. Zugleich wurde sie über die Möglichkeit der Erbausschlagung und die insoweit geltenden Fristen - auch die Frist von 6 Monaten für den Fall, dass sich der Erbe bei Beginn der Frist im Ausland aufhält - informiert. Die Beteiligte zu 2) antwortete mit einem in englischer Sprache abgefassten und von ihr handschriftlich unterschriebenen Schreiben vom 9./15.11.2006 (eingegangen bei dem AG Neumünster am 17.11.2006). In diesem Schreiben heißt es in einem Satz:
"I refute any liability to any costs or expenses incurred by Y." (Bl. 258 Bd. V).
Das AG Neumünster teilte der Beteiligten zu 2) daraufhin gemäß Verfügung vom 20.11.2006, Bl. 259 Bd. V, mit, dass diese "Erbausschlagung" nicht den gesetzlichen Vorschriften entspreche und daher unwirksam sei. Die Beteiligte zu 2) wurde erneut über die Möglichkeit einer formgerechten Erbausschlagung informiert. Die Beteiligte zu 2) hat in der Folgezeit eine weitere Stellungnahme nicht abgegeben.
Nach Seite 32 des Erbscheinsantrages der Beteiligten zu 1) vom 24.3.2011 (Bl. 49 Bd. VIII) verblieben letztlich 6 Personen aus der III. Ordnung als Erben. In dem Erbscheinsantrag heißt es abschließend:
"Der bei der Beurkundung anwesende Notar X. erklärte:
Ich habe mit A. und B. Kontakt aufgenommen, beide nehmen die Erbschaft an."
Diesen Erbscheinsantrag haben neben der antragstellenden Beteiligten zu 1) auch der Notar X. und die Rechtspflegerin unterschrieben.
Der Erbscheinsantrag ist anschließend u.a. an Frau A. - die Beteiligte zu 2) - mit der Maßgabe übersandt worden, dass sie Gelegenheit erhalte, etwaige Einwendungen gegen den Antrag zu erheben. Einwendungen sind auch über den Ehemann der Beteiligten zu 2), der mit dem AG allerdings ohne Vorlage einer Bevollmächtigung korrespondiert hat, nicht erhoben worden. Der Erbschein ist daraufhin wie beantragt am 21.9.2011 erteilt worden (Bl. 99 f. der Akten). In ihm sind die in dem Erbscheinsantrag bezeichneten 6 Personen mit den dort genannten Quoten - nämlich die Beteiligten zu 1) bis 3) und drei weitere bereits (nach-)verstorbene Personen - aufgenommen worden.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 14.1.2014 beantragte die Beteiligte zu 1) die Einziehung des Erbscheins wegen inhaltlicher Unrichtigkeit. Die Beteiligte zu 2) sei dort als Miterbin zu ¼ des Nachlasses eingetragen, habe indes mit ihrer Erklärung vom 9.11.2006 die Erbschaft ausgeschlagen. Insoweit gelte Art. 11 Abs. 1 EGBGB. Danach sei die hier fragliche Erklärung eine wirksame Erbausschlagung, weil nach englischem Ortsrecht - die Beteiligte zu 2) habe ihren ständigen Wohnsitz in Großbritannien - eine Ausschlagung durch formlose Erklärung gegenüber jener Mittelperson, die nach englischem Erbrecht zunächst den Nachlass verwalte (Personal Representative), wirksam sei. Zwar kenne das englische Recht damit keine Ausschlagungserklärung im eigentlichen Sinne. Der Ablehnungserklärung gegenüber dem Verwalter des Nachlasses komme aber dieselbe Funktion zu. Es handele sich nämlich auch insoweit um eine Regelung dahingehend, dass der Begünstigte mit seiner Erklärung den Erbanfall verhindern wolle. Habe Frau A. die Erbschaft aber wirksam ausgeschlagen, sei der Erbschein unrichtig und mithin einzuziehen.
Diesen Antrag hat das AG mit Beschluss vom 3.7.2014 abgelehnt. Es hat darauf hingewiesen, die Beteiligte zu 2) habe in ihrem Schreiben vom 9.11.2006 nur geäußert, dass sie keine Haftung für Kosten oder Ausgaben übernehmen wolle. Dieses Schreiben beinhalte deshalb nicht, dass sie den gesamten Nachlass - insbesondere auch den Aktivnachlass - ausschlage. Zudem habe der Notar ...