Verfahrensgang
LG Kiel (Aktenzeichen 5 O 123/08) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Sachverständigen werden der angefochtene Beschluss sowie der Nichtabhilfebeschluss vom 3. September 2010 aufgehoben.
Dem Sachverständigen Dipl.-Ing. S steht für die Erarbeitung des Gutachtens vom 10. August 2009 eine Vergütung zu.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Höhe der Vergütung an das Landgericht Kiel zurückverwiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die - nicht fristgebundene - Beschwerde des Sachverständigen ist statthaft und auch in zulässiger Weise, d.h. nicht verspätet erhoben (§ 4 Abs. 3 JVEG). Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Denn der angefochtene Beschluss trägt in seiner Begründung die Aberkennung des Vergürtungsanspruchs nicht. Insbesondere folgt aus einer Nichtbeantwortung der gestellten Beweisfrage nicht zwingend, dass der Sachverständige grob fahrlässig gehandelt hat, da dies auch auf anderen Gründen beruhen kann.
Nach dem Gesetz besteht ein Entschädigungsanspruch des Sachverständigen grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Verwertbarkeit der erbrachten Leistung. Die Grundlage für die Entschädigung ist allein die Tätigkeit des Sachverständigen. Der Entschädigungsanspruch besteht daher unabhängig davon, ob das Gutachten objektiv oder nach der Auffassung des Gerichts oder der Parteien richtig ist. Inhaltliche Mängel und fehlende Überzeugungskraft des Gutachtens berühren daher in der Regel den Entschädigungsanspruch nicht.
Nur ausnahmsweise dann verwirkt der Sachverständige seinen Entschädigungsanspruch, wenn die von ihm erbrachte Leistung unverwertbar ist und er die Unverwertbarkeit vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit verschuldet hat. Dabei reicht - einfaches - Unvermögen bzw. fehlende Sachkunde allein nicht aus, um einen solch groben Pflichtenverstoß anzunehmen, der den Entschädigungsanspruch entfallen lässt. Erforderlich sind vielmehr ausreichende Feststellungen zu einem vorsätzlichen oder vorsatzgleichen, mindestens grob fahrlässigen (bewussten) Pflichtenverstoß des Sachverständigen, der zur völligen Unverwertbarkeit des Gutachtens führt In allen anderen Fällen dagegen sieht die Rechtsprechung - so auch der Senat - es im Interesse einer funktionierenden Rechtspflege zur Erhaltung der inneren Unabhängigkeit des Sachverständigen für notwendig an, diesem seinen Entschädigungsanspruch zu erhalten (BGH NJW 1976, 1154 - 1155; OLG Koblenz, Beschluss vom 10. Mai 2000, Az. 5 W 183/00, zitiert nach [...]; OLG Frankfurt, Beschluss vom 6. Mai 2004, Az. 25 W 27/04, zitiert nach [...];; OLG Zweibrücken, OLGR Zweibrücken 2008, 33 - 35; OLG Jena, Beschluss vom 14. Mai 2008, Az. 4 W 218/08, zitiert nach [...]; Meyer/Höver/Bach, JVEG 25. Aufl., § 8 Rn. 8.29; Hartmann, Kostengesetze 39. Aufl., JVEG § 8 Rn. 8ff.). Der gerichtlich bestellte Sachverständige ist Gehilfe der Richter bei der Urteilsfindung; sein Beitrag hierzu ist wegen seiner Sachkunde von wesentlichem Einfluss. Dieser - vom Sachverständigen neutral und in einer nur seinem Wissen und Gewissen verpflichteten Weise wahrzunehmenden - Funktion für eine geordnete und erfolgreiche Rechtspflege kann nur ein innerlich unabhängiger Sachverständiger genügen. Die Wahrung der inneren Unabhängigkeit des Sachverständigen als Gehilfen des Gerichts erfordert es, ihm auch die Furcht vor einem Verlust seiner Entschädigung schon bei nicht grob fahrlässigem Handeln zu nehmen. Deshalb ist bei der Frage nach der Qualität des Pflichtenverstoßes auch ein strenger Prüfungsmaßstab anzulegen (vgl. OLG Jena, a.a.O..).
Unter Anwendung vorstehend ausgeführter Grundsätze kann vorliegend ein grob fahrlässiger Pflichtenverstoß nicht festgestellt werden. Allein die Nichtbeantwortung der Beweisfrage impliziert entgegen der Auffassung des Landgerichts keine derart ungewöhnlich schwerwiegende Pflichtverletzung des Sachverständigen, dass eine Versagung des Entschädigungsanspruchs gerechtfertigt erscheint. Insbesondere sind auch in den Gründen des angefochtenen Beschlusses keinerlei nähere Ausführungen dazu enthalten, welchen Verschuldensgrad das angenommene pflichtwidrige Handeln des Sachverständigen erfüllen soll. Der Sachverständige Dipl.-Ing. S hat mit Schreiben vom 12. Dezember 2009 (Bl. 164 - 167 d.A.) erläutert, weshalb die im vorliegenden Rechtsstreit an ihn als Sachverständigen gerichtete Beweisfrage, ob durch die im Obergeschoss des Hauses D 1 in H eingezogene Schürze ein merkantiler Minderwert des Hauses eingetreten sei, von ihm nicht bzw. nicht im Sinne einer Bejahung beantwortet werden konnte, und zwar deshalb, weil es sich bei dem Objekt um ein Unikat handele, für das es keinen normierten oder durchschnittlich potentiellen Käufermarkt gebe, so dass die Ermittlung eines Minderwertes anhand von Tabellen nicht möglich sei. Auch wenn diese Erläuterungen das Landgericht und denkbar auch den Kläger nicht überzeugt haben (dürften), hat der Sachverständige doch plausi...