Verfahrensgang
AG Lübeck (Aktenzeichen 13 C 660/81) |
LG Lübeck (Aktenzeichen 6 S 38/82) |
Tenor
Ein Mieterhöhungsverlangen im Sinne des § 2 Abs. 2 MHG ist rechtswirksam gegenüber allen Mitmietern geltend gemacht, wenn das schriftliche Erhöhungsverlangen für alle Mitmieter bestimmt ist, aber nur gegenüber einem der Mieter abgegeben wird, der zur Empfangnahme von Willenserklärungen des Vermieters bevollmächtigt ist. Eine derartige Empfangsvollmacht ist in der Vertragsklausel: „Für die Wirksamkeit einer Erklärung des Vermieters genügt es, wenn sie gegenüber einem der Mieter abgegeben wird” enthalten.
Eine in einem Formular-Mietvertrag enthaltene Klausel gleichen Inhalts ist wirksam.
Tatbestand
I.
Die Klägerin vermietete den beklagten Eheleuten mit schriftlichem Mietvertrag vom 10. Januar 1973 die Wohnung … L., Nr. 09/031. § 20 Abs. 2 Satz 1 des Mietvertrages lautet:
„Für die Rechtswirksamkeit einer Erklärung des Vermieters genügt es, wenn sie gegenüber einem der Mieter abgegeben wird.”
Mit dem an den Beklagten zu 1) adressierten Schreiben vom 7. Juli 1981 (Betreff: „Wohnung Nr. 09/031 – Mieterhöhung”) begehrte die Klägerin erfolglos die Zustimmung zur Erhöhung des Mietzinses mit Wirkung vom 1. November 1981 gemäß § 2 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe (MHG).
Die Klägerin hat daraufhin im Klagewege beide Eheleute auf Zustimmung zur Mieterhöhung in Anspruch genommen.
Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen: Das Mieterhöhungsverlangen vom 7. Juli 1981 richte sich lediglich gegen den Beklagten zu 1). Da aber eine Umgestaltung des Mietverhältnisses angestrebt werde, müsse das Erhöhungsverlangen beiden Mitmietern gegenüber abgegeben werden. Es fehle mithin an einer für die Mieterhöhungsklage notwendigen Prozeßvoraussetzung.
Das Landgericht möchte angesichts der in § 20 Abs. 2 des Mietvertrages enthaltenen Vollmachtsklausel der Rechtsauffassung des Amtsgerichts nicht folgen und hat die Ansicht vertreten; das Erhöhungsverlangen vom 7. Juli 1981 entfalte rechtliche Wirksamkeit auch gegenüber dem nicht ausdrücklich angeschriebenen Mitmieter. Denn aus dem Inhalt des Anschreibens sei ersichtlich, daß der Vermieter sich an alle Mitmieter wende.
Durch den am 2. November 1982 verkündeten Beschluß hat das Landgericht als Berufungsgericht die Einholung eines Rechtsentscheids zu folgenden Rechtsfragen angeordnet:
- Ist eine Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung gemäß § 2 Abs. 1 MHG gegen die beklagten Eheleute als Mietparteien (Mietermehrheit) auch dann begründet, wenn das Erhöhungsverlangen gemäß § 2 Abs. 2 MHG nur an die eine Mietpartei (Ehemann) gerichtet ist, in dem konkreten Mietvertrag aber eine Vollmachtsklausel enthalten ist?
- Ist es im Hinblick auf eine eventuelle Wirksamkeit einer solchen Klausel von rechtlicher Bedeutung, ob diese Klausel in einem Formularvertrag oder in einem in allen Teilen individuell ausgehandelten Vertrag enthalten ist?
Den Parteien ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
Entscheidungsgründe
II.
Die förmlichen Voraussetzungen der Herbeiführung eines Rechtsentscheids gemäß Art. III Abs. 1 des 3. Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 5.6.1980 sind erfüllt. Denn die Parteien streiten über eine Rechtsfrage aus einem Mietverhältnis über Wohnraum. Den Parteien ist auch rechtliches Gehör gewährt worden. Daß die gestellten Rechtsfragen bereits obergerichtlich entschieden worden sind, ist nicht ersichtlich. Soweit das Oberlandesgericht Celle (WM 82/102) und das Bayerische Oberste Landesgericht (Beschluß vom 21. Februar 1983 Aktenzeichen Allg. Reg. 112/81) sich mit der Problematik der Vollmachtsklausel befaßt haben, ist jeweils der Erlaß eines Rechtsentscheides abgelehnt worden. Zum einen war die zur Beantwortung gestellte Rechtsfrage nicht entscheidungserheblich (OLG Celle a.a.O.), zum anderen bezogen sich die Rechtsfragen auf eine andere Problematik (BayObLG a.a.O.).
Die vom Landgericht als Berufungsgericht vorgelegte Rechtsfrage ist … von grundsätzlicher Bedeutung. In Rechtsprechung und Schrifttum herrscht Streit über den Umfang der. Vertretungsmacht der üblicherweise vereinbarten Vollmachtsklausel im Falle eines Mieterhöhungsverlangens.
Die Entscheidung des konkreten Rechtsstreits hängt hier von der Beantwortung der Fragen ab. Der Sachverhalt liegt hier anders als jene, über die das Oberlandesgericht Celle und das Bayerische Oberste Landesgericht zu befinden hatten. Dort sollte das Mieterhöhungsverfahren nur gegenüber einem der Mitmieter allein durchgeführt werden.
Das vorlegende Landgericht hat das Schreiben vom 7. Juli 1981 im Rahmen seiner im Vorlagebeschluß dargelegten Tatsachenwürdigung dahin ausgelegt, daß sich das Mieterhöhungsverlangen „wie aus dem Inhalt des Anschreibens ersichtlich” auch an die Beklagte zu 2) (Ehefrau) wende. Nach herrschender Auffassung hat das Oberlandesgericht die Entscheidungserheblichkeit nicht eigenständig, sondern auf der Grundlage der als gegeben hinzunehmenden Rechtsauffassung und Tatsachenfeststellung durch das Landgericht zu prüfen ...