Verfahrensgang
LG Kiel (Beschluss vom 10.07.2023; Aktenzeichen 4 O 211/21) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 31.07.2023 gegen den Beschluss des Landgerichts Kiel vom 10.07.2023 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsstellerin.
Gründe
Mit ihrer sofortigen Beschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen die Festsetzung von - der Höhe nach nicht im Streit befindlichen - Anwaltsgebühren aufgrund der Einreichung einer Schutzschrift, nachdem solche wegen derselben Schutzschrift bereits in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Flensburg (8 O 101/21) festgesetzt worden sind.
Die gemäß §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO in Verbindung mit § 11 Abs. 1 RPflG zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zugunsten der Antragsgegnerin zu 2) zurecht die Gebühr nach Nr. 3100 VV RVG festgesetzt.
Anzuerkennen ist im Ausgangspunkt, dass es prima facie eine nähere Prüfung auslösen muss, wenn eine einzelne vorbeugende Schutzschrift in mehreren gerichtlichen Verfahren mit naturgemäß mehreren Verfahrensgegenständen zur Grundlage mehrerer festzusetzender Anwaltsgebühren gemacht wird. Das hat die Antragstellerin indes als Folge der Vorschrift des § 945a Abs. 2 S. 1 ZPO, wonach eine Schutzschrift als bei allen ordentlichen Gerichten der Länder eingereicht gilt, sobald sie in das Schutzschriftenregister eingestellt ist, hinzunehmen. Die Wirkungen der Schutzschrift vom 02.11.2021 wurden gemäß § 945a Abs. 2 S. 1 ZPO damit sowohl beim Landgericht Flensburg (dort 8 O 101/21) wie auch beim Landgericht Kiel im vorliegenden Hauptverfahren 4 O 211/21 erzeugt. Die Antragsgegnerin zu 2) konnte ihre Schutzschrift auch lediglich zentral zur Einstellung bringen lassen (§ 49c BRAO), sich also nicht auf ein einzelnes Landgericht beschränken. Angesichts dieses seit dem 01.01.2016 geltenden gesetzlichen Regelungshintergrundes soll es für die Erstattungsfähigkeit solchermaßen nicht einmal darauf ankommen müssen, ob das angerufene Gericht eine entsprechend zentral erfasste Schutzschrift zur Kenntnis genommen hat (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 04.07.2016 - 8 W 68/16, GRUR-RR 2016, 431 Rn. 13, beck-online). Voraussetzung ist lediglich, dass es zu einem Prozessrechtsverhältnis der Parteien kommt, das schließlich die Grundlage des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs bildet (vgl. dasselbe a.a.O. Rn. 8). Wenn die Antragstellerin in diesem Kontext wiederholt die Überlegung bemüht, die Schutzschrift der Antragsgegnerin zu 2) betreffe nicht den Streitgegenstand des vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahrens, so folgt hieraus nichts anderes. Da die eine einstweilige Verfügung erwartende Partei in der Regel nur Mutmaßungen darüber anzustellen vermag, mit welchen konkreten Anträgen die Gegenseite gegen sie vorgehen werde, kann es für die Frage der Zuordnung einer Schutzschrift zu einem bestimmten Verfügungsverfahren nicht darauf ankommen, ob der Gegenstand der Schutzschrift mit dem Streitgegenstand eines in der Folge in die Wege geleiteten Verfahrens der einstweiligen Verfügung vollständig übereinstimmt (OLG Köln, Beschluss vom 06.03.1995 - 17 W 318/94, juris Rn. 3). Die Schutzschrift ist ein vorbeugendes Verteidigungsmittel gegen einen für möglich gehaltenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung; mit ihrer Hinterlegung bei Gericht soll sichergestellt werden, dass über den Verfügungsantrag nicht ohne Anhörung des Antragsgegners und nicht ohne vorherige Prüfung in mündlicher Verhandlung entschieden wird (dass. a.a.O.). Angesichts dieses nur begrenzten, auf Vorbeugung gerichteten Schutzzwecks kann die Verfahrensbezogenheit einer Schutzschrift nur danach beurteilt werden, ob sie sich in Bezug auf das tatsächlich anhängig gewordene Verfügungsverfahren als ein taugliches Mittel der vorbeugenden Rechtsverteidigung durch Geltendmachung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und zur Einflussnahme auf den Gang des Verfahrens erwiesen hat (dass. a.a.O.). Es ist deshalb entgegen dem Standpunkt der Antragstellerin keine Streitgegenstandsidentität erforderlich, sondern lediglich, dass die Schutzschrift dem Verfahren "zugerechnet" werden kann (vgl. Friedrich Ekey in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 7. Schutzschrift, Rn. 665). Das gebührenauslösende Moment liegt darin, dass der Sachvortrag in der Schutzschrift vom Gericht bei seiner Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 13.03.2008, - I ZB 20/07, juris Rn. 14).
Vor dem Hintergrund dieser rechtlichen Maßstäbe ist vorliegend festzustellen, dass das Landgericht in seinem Beschluss vom 15.11.2021 ausweislich der Gründe unter I. ausdrücklich festgestellt hat, dass ihm die Schutzschrift der Antragsgegnerin zu 2) vom 02.11.2021 vorgelegen hat. Angesichts der rechtlichen Würdigung im Übrigen hat es damit zum Ausdruck gebracht, jedenfalls den Sachvortrag der Schutzschrift zur Kenntnis genommen zu haben. Das impliziert gleic...