Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendiges Abhilfeverfahren nach § 68 Abs. 1 FamFG
Leitsatz (amtlich)
1. Die Abhilfe- oder Nichtabhilfeentscheidung im Verfahren nach § 68 Abs. 1 FamFG muss grundsätzlich durch Beschluss ergehen, der zu begründen und den Beteiligten bekannt zu geben ist. Die Begründungsintensität hängt davon ab, ob der Beschwerdebegründung neues, wesentliches Vorbringen zu entnehmen ist oder die Ausgangsentscheidung tragende Argumente des Beschwerdeführers noch nicht berücksichtigt hat.
2. In den ihm zur Entscheidung übertragenen Sachen ist der Rechtspfleger für die Abhilfeentscheidung zuständig.
3. Leidet das Nichtabhilfeverfahren an einem schwerwiegenden Mangel oder ist des nicht durchgeführt worden, kann das Beschwerdegericht die Sache entsprechend § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG an das AG zur (erneuten) Durchführung des Abhilfeverfahrens zurückgeben.
Normenkette
FamFG § 68 Abs. 1, § 69 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Aktenübersendungsverfügung der Rechtspflegerin des AG Plön vom 7.10.2010 zur Entscheidung über die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen ihren Beschluss vom 11.6.2010 wird aufgehoben und die Sache zur Durchführung des Abhilfeverfahrens nach § 68 Abs. 1 S. 1 FamFG an das AG zurückverwiesen.
Gründe
1. Die Beschwerde ist nach §§ 58 ff. FamFG zulässig. Der Nachlassverwalter unterliegt der Aufsicht des Nachlassgerichts, dessen Genehmigung er im Fall eines Grundstücksgeschäfts in entsprechender Anwendung von § 1821 Abs. 1 Ziff. 1. und 4. BGB bedarf (vgl. nur Palandt/Edenhofer, BGB, 69. A. 2010, § 1985 Rz. 2). Zuständig für diese Aufgabe des Nachlassgerichts ist der Rechtspfleger nach §§ 3 Ziff. 2c RPflG, 342 Abs. 1 Ziff. 8 FamFG. Gegen die Genehmigungsentscheidung des Rechtspflegers findet nach den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 58 ff. FamFG die befristete Beschwerde statt. Auch die betroffenen Erben sind zur Beschwerdeeinlegung berechtigt (vgl. entsprechend zur Beschwerdeberechtigung des Betreuten OLG Hamm FamRZ 2004, 1386 und Palandt/Diedrichsen, a.a.O., § 1828 Rz. 20).
2. Sind die §§ 58 ff. FamFG anwendbar - wovon zutreffend ersichtlich auch die Rechtspflegerin der AG angesichts ihrer Übersendungsverfügung vom 7.10.2010 an die "Beschwerdekammer" des OLG zur "zeitnahen Bearbeitung" ausgeht - muss aber auch das Abhilfeverfahren nach § 68 Abs. 1 S. 1 FamFG durchgeführt werden und durch Beschluss der Rechtspflegerin insoweit entschieden werden (zur Abhilfeentscheidung durch den Rechtspfleger vgl. auch Meyer-Holz in Keidel, FamFG, 16. A. 2009, § 68 Rz. 10). Das Abhilfeverfahren - zu dem hier angesichts des Vorbringens der Beteiligten und der Erkenntnisse des AG im Beschwerdeverfahren vor der Versendungsverfügung aller Anlass bestand - ist indes nicht durchgeführt worden, weshalb das Verfahren an einem schweren Mangel leidet.
Gemäß § 68 Abs. 1 FamFG ist die Durchführung eines Abhilfeverfahrens nunmehr ausdrücklich vorgeschrieben. Dabei muss die Abhilfe- oder Nichtabhilfeentscheidung grundsätzlich durch Beschluss ergehen und begründet werden (Sternal in Keidel, a.a.O., § 68 Rz. 12). Eine Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung ist nur dann ausreichend, wenn die Beschwerde keine neuen, in der angefochtenen Entscheidung nicht abgehandelten Gesichtspunkte aufzeigt (OLG Hamm, Beschl. vom 19.8.2010 - 15 W 428/10 bei juris Rz. 2). Ein Aktenvermerk mit Übersendungsverfügung genügt mithin in der Regel nicht. Die Anforderungen an die Begründungsintensität hängen im Übrigen naturgemäß vom Einzelfall ab. Bei grundsätzlich zulässigem, neuen wesentlichem Vorbringen des Beschwerdeführers, oder wenn das wesentliche Vorbringen zwar nicht neu ist, aber die Ausgangsentscheidung die tragende Argumentation des Beschwerdeführers nicht behandelt hat, ist eine ausführlichere Begründung notwendig. Der Beschluss ist den Beteiligten bekannt zu geben (OLG München MDR 2010, 588 f. bei juris Rz. 5 m.w.N.)
Leidet die Nichtabhilfeentscheidung an einem schwerwiegenden Mangel, so ist das Beschwerdegericht entsprechend § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG befugt, die Sache unter Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung an das AG zur erneuten Durchführung des Abhilfeverfahrens zurückgeben (OLG Hamm, a.a.O.; OLG München, a.a.O., bei juris Rz. 7 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Sternal in Keidel, a.a.O., § 68 Rz. 34). Die Eröffnung der Abhilfe durch das Ausgangsgericht dient auch der Verfahrensbeschleunigung. Während sich das Beschwerdegericht erst in die Materie einarbeiten muss, ist dem AG der Sachverhalt bereits vertraut, weshalb es regelmäßig schneller in der Lage sein wird, über die sich unter Berücksichtigung des neuen Vorbringens ergebende Rechtslage zu entscheiden. Darüber hinaus fallen bei einer Entscheidung über die Abhilfe - anders als bei einer Entscheidung des Senats über die Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG - keine zusätzlichen Kosten an, weshalb etwa der jeweilige Antragsgegner, sollte ihn eine etwaige Nichtabhilfeentscheidung des AG überzeugen, die Möglichkeit hätte, durch Rücknahme der Beschwerde das Anfallen von Ger...