Verfahrensgang
LG Lübeck (Beschluss vom 02.06.2023; Aktenzeichen 15 O 2/23) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 16. Juni 2023 gegen die Kostenentscheidung im Beschluss des Einzelrichters der 15. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 2. Juni 2023 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Bezug auf die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO hat die Antragsgegnerin nach einem Wert von 2.745,32 EUR zu tragen.
2. Die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 19. Juni 2023 gegen die Festsetzung des Streitwertes im angefochtenen Beschluss vom 2. Juni 2023 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
3. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 20. Juni 2023 gegen die Festsetzung des Streitwertes im angefochtenen Beschluss vom 2. Juni 2023 wird als unzulässig verworfen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe
1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss, durch den das Landgericht ihr die Kosten des Verfahrens gemäß § 91a Abs. 1 ZPO auferlegt hat, ist nach den §§ 567 ff. ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.
Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Antragsgegnerin zu Recht und mit zutreffender Begründung die Kosten des Verfahrens in erster Instanz auferlegt, nachdem die Parteien übereinstimmend die Erledigung in der Hauptsache erklärt haben. Nach § 91a Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Maßgeblich ist hierbei insbesondere der ohne die Erledigung zu erwartende Verfahrensausgang (vgl. nur Zöller-Althammer, ZPO, 34. Auflage, § 91a Rn. 24, m.w.N.).
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist hier dementsprechend nicht nur zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin das Nutzerkonto der Antragstellerin am 16. Januar 2023 reaktiviert, damit den Antrag vom 2. Januar 2023 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegenstandslos gemacht und sich formal in die Rolle der Unterlegenen begeben hat. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hatte vielmehr ursprünglich Aussicht auf Erfolg, und die Antragsgegnerin wäre voraussichtlich unterlegen, wenn sie die Antragstellerin nicht durch ihr Verhalten während des laufenden Verfahrens klaglos gestellt hätte, so dass es zur übereinstimmenden Erledigungserklärung gekommen ist. Die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 ff. ZPO waren bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses gegeben.
a. Der Antragstellerin stand der erforderliche Verfügungsanspruch zu. Das Landgericht hat zu Recht einen vorbeugenden vertraglichen Unterlassungsanspruch angenommen, weil nach der vertragswidrigen Deaktivierung des Nutzerkontos der Antragstellerin am 11. November 2022 die Gefahr bestand, dass die Antragsgegnerin die Daten des deaktivierten Kontos unwiderruflich löschen würde. Auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses und der Nichtabhilfeentscheidung vom 26. Juli 2023 wird Bezug genommen. Diejenigen Routinevorgänge, die bei der Antragsgegnerin im Anschluss an die Deaktivierung eines Nutzerkontos durchgeführt werden, sind im vorliegenden Verfahren unstreitig und im Übrigen auch anhand des Vortrages der Antragstellerin zum Vorbringen der Antragsgegnerin in anderen Verfahren glaubhaft gemacht worden, in denen diese sich gerade auf die bereits erfolgte endgültige Datenlöschung berufen hat.
Vor diesem Hintergrund bedurfte es nicht zusätzlich einer Erklärung der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Deaktivierung des Kontos der Antragstellerin, sie werde die darin enthaltenen Daten unwiderruflich löschen, um einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch der Antragstellerin zu begründen. Die nachträgliche Erklärung der Antragstellerin, eine Löschung sei nicht beabsichtigt gewesen, ändert nichts daran, dass ein Unterlassungsanspruch ursprünglich entstanden ist. Es wäre der Antragsgegnerin ohne Weiteres möglich gewesen, dies zu verhindern, indem sie entweder allgemein gegenüber ihren Nutzern transparent kommuniziert, dass sie ein deaktiviertes Nutzerkonto nicht ohne zusätzliche vorherige Ankündigung in einem näher bezeichneten Verfahren endgültig löscht, oder aber jedenfalls im Einzelfall gegenüber dem jeweils betroffenen Nutzer - hier der Antragstellerin - eine solche Erklärung abgibt. Hier hat die Antragsgegnerin indes auf die vorgerichtliche Kontaktaufnahme durch die Antragstellerin überhaupt nicht reagiert, sondern erst nach dem am 2. Januar 2023 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, nämlich am 16. Januar 2023, das Nutzerkonto wieder aktiviert und mit Schriftsatz vom 26. Januar 2023 erklärt, dass die Gefahr einer unwiderruflichen Löschung nicht bestehe.
Der Fall entscheidet sich auch grundlegen...