Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckung nach § 888 ZPO
Leitsatz (amtlich)
Wenn nach einem gerichtlichen Vergleich der Gläubiger einen von ihm auf das Geschäftskonto des Anwalts des Schuldners eingezahlten Betrag unter bestimmten Voraussetzungen zurückerhalten soll, ist der Schuldner durch Zwangsgeld nach § 888 ZPO dazu anzuhalten, seinen Anwalt zur Auszahlung anzuweisen, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.
Normenkette
ZPO §§ 887-888, 894
Verfahrensgang
LG Lübeck (Beschluss vom 22.07.2011; Aktenzeichen 17 O 354/10) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers wird der Beschluss der Einzelrichterin der 17. Zivilkammer des LG Lübeck vom 22.7.2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das LG zurückgegeben.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 4.000 EUR.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde des Gläubigers führ zur Rückgabe der Sache an das LG, dem gem. § 572 Abs. 3 ZPO die erforderlichen Anordnungen übertragen werden.
Die vom Gläubiger betriebene Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO ist zulässig. Nach Ziff. 1b des Vergleichs vom 2.2.2011 soll der Prozessbevollmächtigte der Schuldnerin die vom Gläubiger auf sein Geschäftskonto eingezahlten 4.000 EUR an diesen zurückzahlen, wenn bestimmte Ausfallerscheinungen an dessen Fahrzeug bis zum 30.3.2011 wieder auftreten. Wenn dies der Fall ist, muss die Schuldnerin ihren Prozessbevollmächtigten zur Auszahlung des Geldes anweisen. Tut sie dies nicht freiwillig, richtet sich die Vollstreckung nach § 888 ZPO. Denn die Anweisung an den Prozessbevollmächtigten kann nicht durch einen Dritten, sondern nur durch die Schuldnerin selbst erfolgen (vgl. BGH JurBüro 2008, 104, Rz. 9 nach juris). Ob der Gläubiger statt oder neben einer Vollstreckung nach § 888 ZPO die Schuldnerin auf Erteilung der Weisung (§ 894 ZPO) verklagen kann, muss hier nicht entschieden werden (vgl. BGH, a.a.O., Rz. 8 nach juris). Denn hier hat sich der Gläubiger für die im jeden Fall zulässige Vollstreckung nach § 888 ZPO aus dem Vergleich entschieden.
Nach dem Vergleich sind die Auszahlungsvoraussetzungen erfüllt, wenn die in der Antragsschrift unter den näher bezeichneten Daten aufgeführten Ausfallerscheinungen (entladene Batterie) des Fahrzeugs wieder auftreten und die Schuldnerin Gelegenheit erhält, das Fahrzeug zu untersuchen, und innerhalb eines Tages die Ausfallerscheinungen bestätigt. Entscheidende "Ausfallerscheinung" des Fahrzeuges ist nach dem zur Auslegung heranzuziehenden Inhalt der Antragschrift der Umstand, dass das Fahrzeug sich nicht starten lässt, weil sich die Batterie aus ungeklärten Gründen entlädt.
Der Gläubiger behauptet, dass sich das Fahrzeug am 29.3.2011 - also innerhalb der Frist von Ziff. 1b des Vergleichs - wiederum nicht starten ließ. Die Schuldnerin hat mit Schreiben vom 30.3.2011 (Anlage K 2, Bl. 67) bestätigt, dass das Fahrzeug sich am 30.3.2011 nicht starten ließ. Weiter heißt es, dass sich nach Prüfung ergeben habe, dass die Batterie leer sei. Weiter heißt es:
"Diagnose: Evtl. defekte Batterie, nehmen Test nach aufgeladener Batterie vor. Fehler voraussichtlich nicht abgeschalteter Stromverbrauch im Stand z.B. Standlicht, Standheizung etc."
Entgegen der Auffassung des LG ist es nicht Voraussetzung für die Rückzahlungsverpflichtung, dass sich bei dem Fahrzeug, dass sich nicht starten lässt, bei Betätigung des Zündschlüssels der Scheibenwischer, das Radio und das Licht in Bewegung setzen und sich die Wegfahrsperre aktiviert. Nach dem Vergleichstext wird auch Bezug genommen auf den 17.5.2010. Zu diesem Zeitpunkt heißt es aber in der Antragsschrift lediglich, dass der Pkw sich nicht starten ließ und die Schuldnerin eine neue Batterie eingebaut habe. Das entscheidende Problem des Fahrzeugs war und blieb, dass es sich nicht starten ließ, weil sich die Batterie entlud. Auch aus der eidesstattlichen Versicherung des Werkstattleiters der Schuldnerin K. vom 3.1.2011 (Bl. 33) ergibt sich, dass die entscheidende Frage war, ob sich das Fahrzeug starten ließ oder nicht. Die Voraussetzungen der Auszahlungspflicht sind aber dann nicht erfüllt, wenn sich - was die Schuldnerin zu beweisen hat (§ 162 Abs. 2 BGB analog) - die Batterie deshalb entleert hat, weil der Verfügungskläger oder andere Nutzer des Fahrzeuges bestimmte Verbraucher vorsätzlich oder fahrlässig nicht ausgeschaltet haben. Dass das so war, behauptet die Schuldnerin, wie sich schon aus ihrem Schreiben vom 30.3.2011 (Anlage K 2, Bl. 67) ergibt. Allein aus dem Umstand, dass sich seit dem 30.3.2011 erneute Startprobleme des Fahrzeugs nicht ergeben haben, ergibt sich ein sicherer Beleg dafür, dass nur ein fahrlässiges oder vorsätzliches Nichtabschalten von Verbrauchern die Ursache der Batterieentleerung sein konnte, nicht. Denn auch zuvor trat das Phänomen durchaus in längeren Zeitabständen auf. Demzufolge ist diese streitige Tatsachenfrage weiter aufzuklären. Die Schuldnerin hat sich für ihre Behauptung, dass allein nicht ausgeschaltete Verbraucher zur Ent...