Verfahrensgang
AG Kiel (Aktenzeichen 1 VI 583/18) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 4 wird der Beschluss des Amtsgerichts Kiel vom 24. Januar 2019 geändert.
Der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 vom 20. März 2018, wonach der Erbschein die Beteiligten zu 1, 2 und 3 als Erbinnen zu je 1/3 ausweisen soll, wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, Kostenerstattung findet nicht statt.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 419.258,19 EUR.
Gründe
I. Die Erblasserin war ledig und kinderlos. Ihre Eltern sind vorverstorben. Sie hatte einen im Jahr 2003 verstorbenen Bruder. Die Beteiligten 1 und 4 sind dessen Töchter, also die Nichten der Erblasserin (Bl. 310 d. A.). Die Beteiligten 2 und 3 sind die Töchter der Beteiligten 1.
Die Erblasserin hinterließ drei handschriftliche Testamente. Im ersten Testament vom 22. Januar 2017 verfügte sie die Enterbung der Beteiligten 4 mit der Begründung, diese habe seit der Beerdigung der Mutter der Erblasserin - der Großmutter der Beteiligten 4 - im Jahr 1970 den Kontakt aufgelöst. Im zweiten Testament vom 18. März 2017 setzte die Erblasserin die Beteiligte 1 zur Alleinerbin ein und im Testament vom 15. August 2017 benannte sie die Beteiligte 1 zur
"Alleinerbin ... zusammen mit ihren beiden Töchtern Anae und Farah S.".
Eine Leseabschrift der Testamente findet sich auf Bl. 310f dA.
Am 12. Februar 2016 regte das Städtische Krankenhaus Kiel die Bestellung eines Betreuers an, nachdem die Erblasserin in ausgetrocknetem, ungepflegten Allgemeinzustand und zu keiner Qualität orientiert in der Klinik aufgenommen worden war und weitere Untersuchungen verweigerte. Bei Übernahme in die Geriatrie wurde eine Demenzdiagnostik durchgeführt. Bei einem MMST erzielte die Erblasserin ein Ergebnis von 15 von 30 Punkten, bei Durchführung eines Uhrentests 5 Punkte. Es wurde eine mäßig bis mittelschwer ausgeprägte Demenz bei ausgeprägten räumlich konstruktiven Gedächtnisstörungen diagnostiziert. Es bestehe fehlende Krankheitseinsicht bei bereits eingetretener Verwahrlosung und Selbstgefährdung durch fehlende Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme. Die Patientin sei nicht bereit, Hilfe anzunehmen, misstrauisch und wahnhaft (Bl. 23-29 dA).
Der Betreuungsrichter hörte die Erblasserin am 15. Februar 2016 an. Aus dem Anhörungsvermerk geht hervor, die Erblasserin sei auf den bekanntgegebenen Gegenstand der Anhörung nicht eingegangen, habe unvermittelt und weitschweifend sowie thematisch etwas wahllos von Vergangenem berichtet und immer wieder den roten Faden verloren. Dem Richter sei es kaum gelungen, die Erblasserin auf den Gegenstand der Anhörung zurückzubringen. Ein Gedanken- und Meinungsaustausch sei mit ihr allenfalls in Ansätzen möglich gewesen (Bl. 30 dA).
Mit Beschluss des Amtsgerichts Kiel vom 15. Februar 2016 wurde im Wege der einstweiligen Anordnung befristet bis zum 15. Juni 2016 eine Betreuung angeordnet, die unter anderem auch den Aufgabenkreis der Vermögenssorge umfasste. Zur Betreuerin wurde die Berufsbetreuerin E. H. bestellt.
Aus dem Entlassungsbericht des Städtischen Krankenhauses vom 24. Februar 2016 über den dortigen Krankenhausaufenthalt der Erblasserin vom 10. bis 26. Februar 2016 geht als Diagnose "Kognitive Defizite, V.a. Demenz, hirnorganisches Psychosyndrom" hervor. Unter dem Punkt "Psychischer Aufnahmebefund" ist unter anderem festgehalten: "Zu keiner Qualität orientiert, misstrauisch, teils agitierte Patientin, weitschweifig, umständlich, Stimmung indifferent, fraglich inhaltliche Denkstörungen". Bei hirnorganischem Psychosyndrom mit wahnhaftem Erleben habe die Patientin vorübergehend Risperidon 0,5 mg zur Nacht erhalten (Bl. 27-30 des Betreuungsverfahrens 2 X...).
Die Betreuerin H. berichtete, zur Erforderlichkeit der Verlängerung der vorläufigen Betreuung im Wege des Hauptsacheverfahrens befragt, am 23. April 2016, die Erblasserin habe die Demenzstation des Pflegeheims, wo sie sich zur Kurzzeitpflege aufgehalten habe, verlassen können. Bei einem heimintern durchgeführten MMST habe die Erblasserin 25 von 30 Punkten erreicht (vgl. Vermerk des Pflegeheims, Bl. 26 des Betreuungsverfahrens 2 X...). Sie lebe aber in der Welt ihrer vielen Reisen in diverse Länder und scheine die jetzige Realität weitgehend zu verkennen. Die Erblasserin sei äußerst misstrauisch und sehe in jedem Menschen in erster Linie einen Feind. Ansichten und Einwände entbehrten oft jeder Logik (Bl. 25 des Betreuungsverfahrens 2 X...). Die Betreuerin H. legte ihrem Bericht diverse Schreiben der Erblasserin bei, in denen sie sich gegen die Betreuung als "Totalentmündigung" und die Arbeit der Betreuerin - "Scheinaktivität" - im Einzelnen wandte, ihrem Wunsch, nach Hause zurückzukehren Ausdruck verlieh, der Betreuerin die Verantwortung für den Verlust von diversen Gegenständen während des Krankenhausaufenthaltes zuschrieb und wiederholt betonte, im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte zu sein. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen zum Bericht der Betreuerin ver...