Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer Beschwerde gegen die Verlängerung einer Gewaltschutzanordnung durch das Familiengericht im schriftlichen Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Stellt der Antragsteller in einer nach § 54 Abs. 2 FamFG anberaumten mündlichen Verhandlung über eine Gewaltschutzanordnung in Abwesenheit des Antragsgegners erstmals einen Antrag zu Protokoll auf Verlängerung der Gewaltschutzanordnung und nimmt der Antragsgegner hierzu auf Grund des ihm übersandten Protokolls nachfolgend schriftlich Stellung, ergeht die Entscheidung des Familiengerichts über die Verlängerung der Gewaltschutzanordnung nicht auf Grund mündlicher Erörterung, so dass diese nicht mit der Beschwerde anfechtbar ist.
Normenkette
FamFG § 54 Abs. 2, §§ 57, 68 Abs. 2; GewSchG § 1
Tenor
I. Die Beteiligten werden darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Beschwerde der Antragstellerin vom 16. Dezember 2020 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Schleswig vom 30. November 2020 als unzulässig zu verwerfen.
II. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen.
Gründe
I. Auf den Antrag der Antragstellerin vom 17. April 2020 hatte das Amtsgericht - Familiengericht - Schleswig mit Beschluss vom 17. April 2020 im Wege der einstweiligen Anordnung ohne mündliche Verhandlung eine Gewaltschutzanordnung gegen den Antragsgegner erlassen und die Dauer der Anordnungen bis zum 17. Oktober 2020 befristet.
Mit Schreiben vom 24. August 2020 hat der Antragsgegner die Aufhebung des Beschlusses vom 17. April 2020 beantragt. Daraufhin hat das Familiengericht einen Anhörungstermin für den 9. Oktober 2020 bestimmt. Die Nachfrage des Familiengerichts, ob der Antragsgegner beantragen möchte, über den Antrag der Antragstellerin nach mündlicher Verhandlung neu zu entscheiden, hat der Antragsgegner bestätigt.
Im Termin vom 9. Oktober 2020 sind lediglich die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin und der Antragsgegner erschienen. Das Gericht hat in den Streitstand eingeführt und dem Antragsgegner Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Da der Antragsgegner immer lauter wurde, hat das Familiengericht ihn des Saales verwiesen. Nachdem der Antragsgegner den Saal verlassen hatte, hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin zu Protokoll beantragt, die Gewaltschutzanordnung um weitere sechs Monate zu verlängern.
Nachfolgend hat das Familiengericht dem Antragsgegner den Vermerk über den Anhörungstermin übersandt und ihm Gelegenheit gegeben, zu dem zu Protokoll gestellten Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der Gewaltschutzanordnung binnen 10 Tagen Stellung zu nehmen. In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 30. Oktober 2020 hat der Antragsgegner den Verlängerungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen und eine Neuansetzung der mündlichen Verhandlung beantragt.
Daraufhin hat das Amtsgericht - Familiengericht - Schleswig mit dem angefochtenen Beschluss vom 30. November 2020 den Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung des Beschlusses vom 17. April 2020 zurückgewiesen.
Gegen den ihrer Verfahrensbevollmächtigten am 2. Dezember 2020 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2020, eingegangen beim Amtsgericht Schleswig am gleichen Tage, Beschwerde erhoben.
II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist nach vorläufiger Würdigung des Senats bereits nicht statthaft und daher gem. § 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungen in Verfahren der einstweiligen Anordnung in Familiensachen sind gem. § 57 Satz 1 FamFG nicht anfechtbar. Eine Ausnahme nach § 57 Satz 2 FamFG liegt hier nicht vor. Insbesondere hat das Gericht des ersten Rechtszugs nicht aufgrund mündlicher Erörterung über einen Antrag nach den §§ 1 und 2 GewSchG entschieden (§ 57 Satz 2 Nr. 4 FamFG).
Zwar ist der Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der Gewaltschutzanordnung am Ende des Anhörungstermins vor dem Familiengericht am 9. Oktober 2020 zu Protokoll gegeben worden. Dies allein führt allerdings nicht dazu, dass der angefochtene Beschluss vom 30. November 2020 aufgrund mündlicher Erörterung ergangen ist.
Der Anhörungstermin vom 9. Oktober 2020 war bestimmt worden, da das Familiengericht das Schreiben des Antragsgegners vom 24. August 2020 als Antrag auf erneute Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung gem. § 54 Abs. 2 FamFG ausgelegt hatte. Alleiniger Gegenstand des Anhörungstermins war damit der ursprüngliche Antrag der Antragstellerin vom 17. April 2020, über den aufgrund mündlicher Verhandlung erneut zu entscheiden war. Erst nachdem der Antragsgegner im Anhörungstermin den Saal verlassen hatte, hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin den Antrag auf Verlängerung der Gewaltschutzanordnung zu Protokoll gegeben und damit einen neuen Gegenstand in das Verfahren eingeführt. Weder die Antragstellerin noch der Antragsgegner sind im Anhörungstermin zu diesem neuen Antrag angehört worden. Der Verlängerungsantrag ist ausweislich des Anhörungsvermerks auch nicht mündlich erörtert worden. Vielm...