Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungsanforderungen bei behaupteter HWS-Distorsion
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Anforderungen an die substantiierte Darlegung einer HWS-Distorsion und der insoweit bestehenden Hinweis- und ggf. Fragepflicht des Gerichts.
2. Die Tatsache, dass es sich bei dem Unfall um eine Streifenkollision gehandelt hat, steht einer unfallbedingten HWS-Distorsion nicht entgegen.
3. Voraussetzungen der Ersatzfähigkeit von Anwaltskosten für die Inanspruchnahme des eigenen Kaskoversicherers.
Normenkette
BGB §§ 249, 253; ZPO §§ 139, 286-287
Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 11.09.2008; Aktenzeichen 17 O 97/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 11.9.2008 verkündete Urteil des Einzelrichters der 17. Zivilkammer des LG Kiel einschließlich des ihm zugrunde liegenden Verfahrens - soweit die Klage abgewiesen worden ist - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Kiel zurückverwiesen.
Der Feststellungsausspruch des Urteils wird dahingehend berichtigt, dass festgestellt wird, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die ihr aus der Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung bei der ... AG aus Anlass des Verkehrsunfalls vom 9.8.2007 entstanden sind und entstehen werden.
Gerichtliche Gebühren und Auslagen, die - im Umfange der Aufhebung und Zurückverweisung - durch das aufgehobene Urteil verursacht worden sind, sowie die Gerichtsgebühren der Berufungsinstanz, werden nicht erhoben.
Im Übrigen hat das LG über die weiteren Kosten - auch der Berufungsinstanz - zu entscheiden.
Gründe
Die Parteien streiten um die Folgen aus einem Verkehrsunfall vom 9.8.2007 in B. Bei diesem Unfall im Begegnungsverkehr wurde der Pkw der Klägerin durch eine an einem Traktor, dessen Halter der Beklagte zu 1) ist, dessen Fahrer der Beklagte zu 2) war und der bei dem Beklagten zu 3) gegen Haftpflichtschäden versichert war, angehängte Scheibenegge großflächig im linken Frontbereich sowie im gesamten linken Seitenbereich beschädigt. Nachdem die Parteien erstinstanzlich noch um den Grund der Haftung gestritten hatten, ist die volle Haftung der Beklagten insoweit mittlerweile unstreitig.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine schwerbehinderte Frau, die aufgrund einer spastischen Parese Rollstuhlfahrerin ist, ihr Auto war entsprechend für sie umgebaut. Nach einem von der Klägerin eingeholten Schadengutachten sollten sich die Reparaturkosten voraussichtlich auf rund 6.100 EUR belaufen. Da sich die Schadenregulierung schwierig gestaltete, nahm die auch vorgerichtlich schon anwaltlich vertretene Klägerin letztlich wegen der Reparaturkosten ihren Kaskoversicherer - die ... AG - in Anspruch. Vom Unfalltage an bis zum 26.9.2007 (insgesamt 49 Tage) stand der Klägerin ihr Fahrzeug nicht zur Verfügung, an 12 Tagen davon wurde sie von ihrem Ehemann zur Arbeit gefahren und wieder abgeholt.
Die Klägerin hat in erster Instanz einen restlichen materiellen Schaden i.H.v. 3.205,59 EUR geltend gemacht, darunter Nutzungsausfall für 49 Tage, Anwaltskosten für die Schadenabwicklung mit ihrem Kaskoversicherer sowie die vorgerichtliche, nicht anrechenbare anwaltliche Geschäftsgebühr für die Geltendmachung des Schadens ggü. dem Beklagten zu 3).
Die Klägerin hat darüber hinaus behauptet und behauptet weiterhin, sie habe durch den Unfall ein HWS-Schleudertrauma erlitten und ist der Auffassung, ihr stehe ein Schmerzensgeld von mindestens 1.500 EUR zu, unter Berücksichtigung vorgerichtlich gezahlter 250 EUR Schmerzensgeld also zumindest noch 1.250 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schadenaufstellung Bl. 3/4 der Akte Bezug genommen. Letztlich hat die Klägerin Feststellung dahingehend begehrt, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihr den Rückstufungsschaden durch Inanspruchnahme ihres Kaskoversicherers zu ersetzen.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das LG der Klage nur in geringem Umfange stattgegeben; insbesondere hat es die Klage abgewiesen, soweit die Klägerin Nutzungsausfall und Anwaltskosten für die Schadenabwicklung über ihren Kaskoversicherer geltend gemacht hat. Ein weiteres Schmerzensgeld i.H.v. 250 EUR hat das LG der Klägerin im Hinblick auf "von einer HWS-Distorsion unabhängig erlittene Blessuren" zugesprochen. Den Vortrag der Klägerin zum Vorliegen einer HWS-Distorsion hat das LG als nicht hinreichend substantiiert angesehen. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Die Klägerin rügt mit der Berufung, die Ausführungen des LG - soweit es die Klage abgewiesen hat - seien rechts- und verfahrensfehlerhaft, während die Beklagten das angefochtene Urteil verteidigen.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
1. an sie 2.055,10 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 28.8.2007 sowie eine Nebenforderung i.H.v. 1.150,49 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. an sie ein in das Ermessen des Ge...