Leitsatz (redaktionell)

1. Ist der Lieferer selbst Hersteller von EDV-Programmen, und bilden Programme den Vertragsgegenstand, die bereits im Betrieb des Lieferers Verwendung finden und lediglich an die betrieblichen Bedürfnisse des Bestellers anzupassen sind, so ist dem Vertrag überwiegend Kaufcharakter beizumessen. Gegenstand dieses Vertrages ist dann primär die Übertragung eines Mitbenutzungsrechts und der Mitbenutzungsmöglichkeit durch Lieferung des vervielfältigten Programmes.

2. In einem solchen Vertrag gehören die zugesagten Änderungen der Programme zu den Hauptpflichten. Geschuldet wird daher Sachgesamtheit („Programmpaket”). Das Verlangen, einzelne Teile isoliert abzunehmen und zu bezahlen, ist unbegründet.

3. Der Kauf komplizierter technischer Geräte und Gegenstände ermöglicht dem Käufer keine Besichtigung; das äußere Erscheinungsbild ist für den Kauf meist nahezu bedeutungslos. Der Käufer ist weitgehend darauf angewiesen, daß ihm der Verkäufer die Eigenschaften und die Leistungsfähigkeit dieser Geräte beschreibt und dem Käufer die Gelegenheit gibt, sie zunächst praktisch selbst zu erproben. Es ist kein unbilliges des Käufers, die Abnahme von einem zufriedenstellenden Probelauf im eigenen Betrieb abhängig zu machen, bei dem sich die Leistungsfähigkeit bzw. evtl. Mängel des Kaufgegenstandes im Hinblick auf die tatsächlich anfallenden Bedürfnisse erst herausstellen.

Hinweis: Der Tenor der Entscheidung ist offenbar unrichtig. Die Berufung ist von der Klägerin eingelegt worden. Ein Berichtigungsbeschluss ist freilich nicht ergangen; die Entscheidung war daher in dieser Fassung abzudrucken (d. Red.)

 

Normenkette

BGB § 433

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 15. März 1980 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen I des Landgerichts … – 10 O 72/79 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Klägerin beträgt 12.544,– DM.

 

Tatbestand

Die Beklagte wollte ihre Buchhaltung auf elektronische Datenverarbeitung umstellen. Deswegen nahm der von der Beklagten zunächst als Leiter dieser EDV-Anlage vorgesehene Herr L… zur Klägerin Kontakt auf, von der er wußte, daß dort Programme im Betriebe waren, an dessen Entwicklung er seinerzeit in den Jahren 1973/1974 mit dem bei der Klägerin beschäftigten Herrn E… mitgewirkt hatte. Die Klägerin machte daraufhin am 26. Juni 1978 der Beklagten folgendes Angebot:

„Nach Rücksprache mit Herrn E… bieten wir Ihnen als Paket an:

1. Lohnprogramm

DM 4.500,–

2. Buchhaltungsprogramm

DM 5.500,–

DM 10.000,–

In diesem Programm ist enthalten:

  • Programm auf dem neuesten Stand
  • Übernahme auf ihr System durch Herrn E…
  • Diverse Änderungen für Ihr System (Eingabe über Bildschirm).

Die Übernahme sowie die diversen Änderungen werden von Herrn E… bei Ihnen durchgeführt. Hierfür ist eine Woche Arbeitszeit in unserem Angebot enthalten. Sollten Ihre Änderungswünsche mehr Zeit in Anspruch nehmen, müßte der Mehraufwand von Ihnen getragen werden, was jedoch für die uns bekannten Änderungen nicht zu erwarten ist …”

Die Beklagte erwiderte am 5. Juli 1978 unter anderem:

„Wir danken für Ihr o.a. Angebot und teilen Ihnen mit, daß wir das Programmpaket wie angeboten zu einem Preis von 10.000,– DM übernehmen.

Wie zwischen Ihnen und unserem Herrn L… vereinbart, kann die Abnahme der Programms durch uns erst dann erfolgen, wenn sie bei uns ihrem Sinn entsprechend fehlerfrei zum Einsatz kommen …”

Gleichzeitig bestellte die Beklagte zehn Magnetplatten.

Der Programmierer der Klägerin E… überbrachte die Programme und ließ sie am 25. August 1978 über die Bourroughs-Anlage laufen. Er nahm Änderungsarbeiten vor. Ende September 1978 bestellte die Beklagte fünf weitere Magnetplatten bei der Klägerin. Am 12. Oktober 1978 lieferte die Klägerin noch Programmteile nach.

Auch nach den Änderungsarbeiten des Programmierers E… errechneten die Programme der Klägerin nicht den jeweiligen Durchschnittslohn und nicht den Umlagebeitrag vom rentenversicherungspflichtigen Bruttoentgelt der gewerblichen Arbeitnehmer. Die steuerfreien Beträge für Nacht- und Sonntagszuschläge konnten nur durch eine besondere Kopplung mehrerer Eingaben ermittelt werden. Bildschirmmasken lieferte die Klägerin nur für das Buchhaltungsprogramm.

Die Klägerin hat behauptet, die Programme seien bei der Beklagten ordnungsgemäß gelaufen. Die Beklagte habe die Erfüllung den Vertrages nur abgelehnt, weil sie die Bourroughs-Anlage inzwischen zurückgegeben habe. Die fehlende Durchschnittslohnerrechnung und ein Programm für Lohnabrechnungsdaten sei nicht Gegenstand des Vertrages gewesen. Für das Lohnprogramm sei die Lieferung von Bildschirmmasken nicht vereinbart worden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 12.544,– DM nebst 10% jährlicher Zinsen ab 27. November 1978 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat den Vertrag dahin ausgelegt, daß auch die Errechnung des Durchschnittslohnes, der Umlagebeiträge sowie der steuerfrei...

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