Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Globalpauschalpreisvertrages; Mitwirkungspflicht eines Auftraggebers bei einem Schadstofffund bei Abrissarbeiten
Leitsatz (amtlich)
Welche Leistungen eines Werkunternehmers von einem Pauschalpreis umfasst sein sollen, ist durch Auslegung zu ermitteln. Bei der Auslegung sind sämtliche Vertragsunterlagen zu berücksichtigen. Es können auch die Regelungen in den VOB/C zu berücksichtigen sein.
Werden bei Abrissarbeiten Schadstoffe gefunden und ist der Abrissunternehmer nach dem Vertrag nicht verpflichtet, diese zu beseitigen, so ist der Auftraggeber i. S. d. § 642 Abs. 1 BGB verpflichtet, an der Beseitigung der Schadstoffe mitzuwirken, indem er den Abrissunternehmer oder einen anderen Unternehmer mit der Beseitigung beauftragt.
Normenkette
BGB § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 642 Abs. 1
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 24.08.2020 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen der Nichterfüllung eines Vertrages über den Abriss eines Gebäudes.
Die Klägerin wollte ein Gebäude abreißen lassen. Am 27.07.2015 besichtigten der Geschäftsführer der Beklagten und ein Mitarbeiter der Klägerin das Erdgeschoss des Gebäudes. Das Obergeschoss war verschlossen und konnte nicht betreten werden. Unter dem 29.07.2015 übersandte die Beklagte der Klägerin ein Angebot über Abbrucharbeiten. In dem Angebot war eine Alternativposition aufgeführt, nach der das Haus durch einen Sachverständigen begutachtet und bei größeren Schadstofffunden gegebenenfalls ein Nachtragsangebot erstellt werden sollte. In der Folgezeit gab es einen telefonischen Kontakt zwischen den Parteien, bei dem der Mitarbeiter der Klägerin jedenfalls erklärte, die Alternativposition solle nicht in Auftrag gegeben werden. Unter dem 10.11.2015 beauftragte die Klägerin die Beklagte unter Beifügung ihrer Vertragsbedingungen mit den Abrissarbeiten für pauschal 17.500,00 EUR. Dieses Angebot nahm die Beklagte am 11.11.2015 an.
Die Beklagte erhielt in der ersten Novemberwoche 2015 Zugang zu dem abzureißenden Haus. Im Obergeschoss fand sie zu einem streitigen Zeitpunkt auf ca. 120 m2 Bodenbelag und Kleber vor, die nach dem Prüfbericht der A. vom 13.11.2015 (Anlage B 1, AB) Asbest enthielten. Unter dem 13.11.2015 übersandte die Beklagte der Klägerin ein Nachtragsangebot wegen der Asbestbeseitigung. Die Klägerin lehnte eine Auftragserteilung ab und forderte die Beklagte zur Fortsetzung der Abbrucharbeiten auf. Mit Schreiben vom 24.11.2015 forderte die Beklagte die Klägerin auf, entweder durch einen Auftrag an sie oder an ein Drittunternehmen für eine Asbestfreiheit zu sorgen.
Die Klägerin ließ die Beklagte durch Anwaltsschreiben vom 03.12.2015 zur Wiederaufnahme der Arbeiten auffordern und drohte sonst die Entziehung des Auftrages an. Mit Schreiben vom 21.12.2015 entzog sie der Beklagten den Auftrag.
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe bereits vor Vertragsschluss gewusst, dass der Boden im Obergeschoss asbestbelastet gewesen sei. Die untersuchte Probe sei bereits vor dem 10.11.2015 im Labor eingegangen.
Der im Nachtragsangebot vom 13.11.2015 verlangte Preis sei überhöht gewesen. Sachgerecht sei ein Preis von 2.000,00 EUR für die Asbestbeseitigung gewesen.
Sie habe nach der Entziehung des Auftrags einen Ersatzunternehmer beauftragt, mit dem sie einen Pauschalpreis von 21.000,00 EUR netto vereinbart habe. Diesen Werklohn habe sie gezahlt.
Die Klägerin hat Mehrkosten in Höhe von 4.165,00 EUR brutto sowie Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.100,51 EUR, zusammen 5.265,51 EUR, nebst Zinsen geltend gemacht. Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
Die Beklagte hat behauptet, die Probe vom Fußbodenbelag sei am 13.11.2015 genommen worden.
Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der näheren Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Schadensersatz zu, weil ihr kein wichtiger Grund für die Kündigung des Vertrages zur Verfügung gestanden habe. Die Beklagte habe die Leistung nicht unberechtigt verweigert. Sie sei nach den Regeln des Vertrages nicht verpflichtet gewesen, den Asbest ohne zusätzliche Vergütung zu beseitigen. Der Geschäftsführer der Beklagten habe auch nicht schuldhaft gehandelt, weil er das Gebäude besichtigt habe, soweit es ihm zugänglich gemacht worden sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die frist- und formgerecht eingereichte und begründete Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die geringfügige Belastung mit Asbest sei von dem Vertrag umfasst gewesen. Bei einem Globalpauschalvertrag würden Mehr- und Minderleistungen oder Erschwernisse nicht ausgeg...