Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an Vorvertrag bei beabsichtigtem Abschluss eines Veranstaltungsvertrages
Leitsatz (amtlich)
Sind bei Verhandlungen über den Abschluss eines Produktionsüberlassungsvertrages betreffend eine Bühnenproduktion zwar Zeitpunkt und Ort der Aufführung sowie das Honorar geklärt, aber für die Parteien wesentliche Fragen der Realisierbarkeit der Produktion auf der konkreten Bühne offen geblieben, ist noch nicht einmal ein Vorvertrag zustande gekommen, sondern eine - nicht bindende - Punktation i.S.d. § 154 Abs. 1 Satz 2 BGB. Auf die Bezeichnung als "Deal memo" kommt es nicht an.
Normenkette
BGB § 154 Abs. 1 S. 2, § 157
Verfahrensgang
LG Lübeck (Urteil vom 19.09.2014; Aktenzeichen 9 O 21/14) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten vom 22.10.2014 wird das am 19.9.2014 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Lübeck - 9 O 21/14 - wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten darum, ob sie sich bereits durch einen Vorvertrag verbindlich über die Überlassung der Produktion "...-Circus" durch die Klägerin an den Beklagten einigten und die Klägerin vom Beklagten schadensersatzhalber die Nettovergütung in Form der "Flat Fee Garantie" i.H.v. EUR 7.500 wegen des Nichtzustandekommens eines Hauptvertrages verlangen kann.
Die Klägerin betreibt eine Veranstaltungsagentur in X. Sie verkauft von ihr produzierte Unterhaltungsveranstaltungen (Produktionen) - so die hier betroffene Show "...-Circus" - an örtliche Veranstalter, d.h. Konzertagenturen, die von Produktionsgesellschaften das Recht zur Aufführung eines oder mehrerer Konzerte einer bestimmten Unterhaltungsveranstaltung erwerben und diese Veranstaltung durchführen.
Der Beklagte betreibt in Y eine Veranstaltungsagentur mit dem Namen "..." und fungiert als örtlicher Veranstalter.
Als solcher wandte er sich Anfang Juli 2013 an die Mitarbeiterin Z. der Klägerin und bat um ein Angebot für die Show, die er im Capitol in F. zur Aufführung kommen lassen wollte. Hierauf folgte eine umfangreiche vor allem durch Mails geführte Kommunikation.
Wegen des Inhaltes der Mail vom 12.7.2013 betreffend das erste Angebot der Klägerin wird auf deren vollständige Wiedergabe im landgerichtlichen Urteil verwiesen. Mit Mail vom 1.8.2013 antwortete der Beklagte:
"... wie besprochen, bitte den Termin vorerst für uns unverbindlich reservieren. Vielen Dank.
Wie groß ist die Gesamtproduktion vom Personal und technischen Equipment her? Reisen Sie mit einem Truck + Nightliner?
Der Saal in F. wäre zwar so groß genug, hat aber - als Kino - eben wenig Backstage-Möglichkeiten. Im Prinzip nur 1 Raum, ein weiterer Durchgangsraum und ein Raum, wo wir für gewöhnlich das Catering aufbauen. Also max. 3 Räume. Direkt neben der Bühne ist auch Platz, aber nicht viel. Ich prüfe aber gerade noch, ob es hausintern vielleicht noch andere Möglichkeiten gibt, ich fürchte, dies wird aber dann nicht im direkten Bühnenbereich sein, d.h. etwas weiter weg.
Da müsste man ggf. sonst den Nightliner, sofern vorhanden, mit einbinden oder draußen ein Zelt aufbauen, sofern dies überhaupt möglich ist, da dort alles betoniert ist.
Sofern man nicht das gesamte Equipment hinter die Bühne bekommt, müsste man auch dort ggf. einen Teil auf dem Truck belassen.
Bus + Truck können direkt hinter der Bühne/dem Backstage parken. Da gibt es einen direkten Zugang, allerdings mit Treppe. Aber alles in allem sind es vielleicht max. 10 m von der Bühne bis zum Parkplatz, inkl. der Treppe."
Frau Z. antwortete für die Klägerin am selben Tag:
"Gerne reservieren wir Ihnen den 29.12.2013.
Was die Backstagemöglichkeiten angeht, so brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Diese Problematik kennen wir bereits aus vielen, teils historischen Stadt- und Kulturhäusern. Die Künstler und Techniker passen sich dem vorhandenen Raumangebot sehr flexibel an. So können die Transportkisten beispielsweise nach dem Aufbau auch teilweise in den Truck zurück. Die genannten Wege zur Bühne sind in Ordnung ..."
In den nachfolgenden Mails vom 04., 05. und 6.9.2013 unterbreitete der Beklagte der Klägerin ein Gegenangebot zur von der Klägerin angebotenen Flat-Fee i.H.v. EUR 10.000,00, mit der u.a. die Künstlergage, die Transportkosten, Ton, Licht, Video, Hotel- und Cateringkosten abgegolten sein sollten und bei der der Beklagte alle "üblichen örtlichen Kosten (Halle, Ticketing, Werbung etc.)" übernehmen sollte. Hierzu schrieb er:
"... wenn wir uns für F. am 29.12.2013 auf EUR 7.500 (all inclusive", "d.h. inkl. Hotel/Nightliner, kompl. Technik sowie 250 Freiplakate) einigen könnten würden wir die Veranstaltung dort gerne durchführen für Sie ...".
Die Klägerin bot daraufhin die von ihr definierte Flat-Fee für EUR 7.500 bei Übernahme der örtlichen Kosten durch den Beklagten und zwei Varianten zur Begleichung der Tantiemen an. Sie bat um Bestätigung, "wenn alles o. k. ist", "damit ich den Termin ...