Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Anwendung der Grundsätze der Falsa demonstratio beim Grundstückskauf

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Anwendung der Grundsätze der falsa demonstratio kommt es gerade auf den inneren Willen an. Ist dieser übereinstimmend darauf gerichtet, dass ein Grundstück, welches bis an einen See heranreicht, verkauft werden soll, bleibt unschädlich, wenn dieser Wille keinen vollumfänglichen Ausdruck in dem Kaufvertrag gefunden hat.

2. Die gemeinsame Vorstellung, verkauft sei das Seegrundstück, begegnet trotz wechselnden Wasserspiegels keinen Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Bestimmbarkeit des Kaufgegenstandes, weil die Grenze nach den §§ 133, 157 BGB als diejenige der durchschnittlichen Uferlinie bestimmt werden kann.

3. Ein verkauftes Seegrundstück ist auch dann frei von Sach- und Rechtsmängeln, wenn der Uferstreifen tatsächlich nicht dem Verkäufer gehört. Ein Schadensersatzanspruch gegen den Verkäufer wegen teilweiser Nichterfüllung der Eigentumsverschaffungspflicht wird durch einen im Vertrag vereinbarten Ausschluss der Haftung für Mängel nicht gehindert.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 434-435, 437, 444

 

Verfahrensgang

LG Lübeck (Urteil vom 14.04.2010; Aktenzeichen 2 O 391/09)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 14.4.2010 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Lübeck wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger kauften von der Beklagten mit notariellem Vertrag vom 20.8.2008 ein Grundstück zum Preis von 177.000 EUR. Das mit einem Einfamilienhaus und massiven Nebengebäuden bebaute Grundstück wurde in § 1 des Vertrages näher bezeichnet mit seiner Postadresse und als im Grundbuch des AG ... von ... Blatt ... eingetragen, nach dem Grundbuch bestehend aus dem Flurstück ... der Flur ... der Gemarkung ... zur Größe von 1399.m2.

Weiterhin enthält der Kaufvertrag in § 6 unter der Überschrift "Mängelhaftung" die folgende Vereinbarung:

"Der Vertragsgegenstand wird in seinem jetzigen Zustand, wie er in § 1 dieses Vertrages näher beschrieben ist und wie er vom Käufer besichtigt worden ist, verkauft. Ansprüche und Rechte des Käufers wegen der Größe und etwaiger Mängel des Grundstücks, des Gebäudes und etwa mitverkaufter Gegenstände sowie wegen der Beschaffenheit des Baugrundstücks sind ausgeschlossen. Dies gilt auch für Schadensersatzansprüche es sei denn, der Verkäufer handelt vorsätzlich."

Im Vorfeld des Kaufvertragsabschlusses hatte der von der Beklagten eingeschaltete Makler das Grundstück in einem Exposé mit der Überschrift "Toplage! Einfamilienhaus mit direktem Seezugang" angeboten. Weiterhin wird die Wohnlage des Grundstücks in dem Exposé als "wunderschön eingewachsen und direkt an den ... See angrenzend" beschrieben. Schließlich findet sich dort auch der Hinweis, dass man sich auf die Angaben des Verkäufers verlassen müsse und aus diesem Grunde keine Gewähr für die Richtigkeit der Angebotsangaben übernommen werden könne. Darüber hinaus war das Grundstück durch den Makler auch auf der Internetplattform "Immobilienscout 24" mit der Beschreibung "direkt an den ... See angrenzend" angeboten worden.

Tatsächlich reicht das im Grundstückskaufvertrag bezeichnete Grundstück nicht bis zur Uferlinie des Sees. Vielmehr liegt ausweislich des Grenzprotokolls von 1983 ein ca. 5.m breiter Uferstreifen zwischen der Grenze des verkauften Grundstücks und der Uferlinie des ... Sees. Dieser Grundstücksstreifen befindet sich im Eigentum der Stadt ...

Die Kläger gingen aufgrund der örtlichen Verhältnisse und der Beschreibung des Maklers davon aus, das im Kaufvertrag bezeichnete Grundstück reiche bis an den See heran, werde also einschließlich des Uferstreifens verkauft. Nach Abschluss des Kaufvertrages erkannten sie die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse und setzten sich vorprozessual mit der Beklagten wegen einer von ihnen verlangten Mangelbeseitigung erfolglos auseinander. Die Beklagte reagierte mit Anwaltsschreiben vom 11.12.2008, in dem es u.a. heißt:

"Uns liegt ihr Schreiben vom 4.12.2008 vor. Dort behaupten sie, das Grundstück ... würde entgegen einer vertraglichen Mitteilung nicht bis an den ... See heranreichen ... Diese Behauptung wird bestritten. Unsere Mandantin konnte und kann auf gegenteilige Informationen vertrauen ... Unsere Mandantin selbst hat auf dem streitgegenständlichen Objekt nicht gewohnt. Dort wohnte die Schwester unserer Mandantin, welche am 10.9.2007 verstarb. Diese hat auch zu Lebzeiten keinen Zweifel daran gelassen, dass das Grundstück bis unmittelbar an den See heranreicht. Es kommt ferner hinzu, dass der Ehemann unserer Mandantin in einem Gespräch am 7.11.2007 im Bauamt der Stadt ... erfahren hat, dass das Grundstück in der Tat bis an das Wasser heranreicht ..."

Unter dem Aktenzeichen 2 OH 3/09 ist bei dem LG Lübeck ein selbständiges Beweisverfahren durchgeführt worden. Der Sachverständige S. kommt in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass...

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