Rz. 231
Des Weiteren ist ein Fall des Abs. 3 gegeben, wenn mehrere Auftraggeber nur hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstandes gemeinschaftlich beteiligt sind:
Beispiel: Der aus einem Verkehrsunfall Geschädigte erhebt eine Schadensersatzklage (2.000 EUR) gegen den gegnerischen Fahrer, Halter und Haftpflichtversicherer. Der verklagte Halter erhebt daraufhin Widerklage gegen den Kläger und dessen Haftpflichtversicherer in Höhe von 10.000 EUR.
Beide Anwälte sind hier nach einem Gegenstandswert von 12.000 EUR tätig geworden, da Klage und Widerklage addiert werden (§ 23 Abs. 1 i.V.m. § 45 Abs. 1 GKG). Der Anwalt des Klägers ist dabei nach einem Gegenstandswert von 2.000 EUR für einen Auftraggeber (Kläger) tätig geworden und nach einem Gegenstandswert in Höhe von 10.000 EUR für zwei Auftraggeber (Kläger und drittwiderbeklagter Haftpflichtversicherer). Der Anwalt des Beklagten wiederum ist nach einem Gegenstandswert von 2.000 EUR für drei Auftraggeber (drei Beklagte) tätig geworden und nach einem Gegenstandswert von 10.000 EUR für einen Auftraggeber (Widerkläger). Wie sich nun diese unterschiedlichen Beteiligungen auf die Gebührenerhöhung auswirken, ist umstritten.
Rz. 232
Nach einer Ansicht ist aus dem Gesamtwert eine 1,3-Verfahrensgebühr zu berechnen und aus dem Wert der gemeinschaftlichen Beteiligung eine "Erhöhungsgebühr" nach VV 1008.
Anwalt Kläger:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 12.000 EUR) |
|
865,80 EUR |
2. |
0,3-Erhöhungsgebühr, VV 1008 (Wert: 10.000 EUR) |
|
184,20 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (Wert: 12.000 EUR) |
|
799,20 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.869,20 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
355,15 EUR |
Gesamt |
|
2.224,35 EUR |
Anwalt Beklagter:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 12.000 EUR) |
|
865,80 EUR |
2. |
0,6-Erhöhungsgebühr, VV 1008 (Wert: 2.000 EUR) |
|
99,60 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (Wert: 12.000 EUR) |
|
799,20 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.784,60 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
339,07 EUR |
Gesamt |
|
2.123,67 EUR |
Rz. 233
Diese Ansicht ist unzutreffend, da es keine "Erhöhungsgebühren" gibt. Die richtige Berechnung in diesen Fällen ergibt sich vielmehr aus der entsprechenden Anwendung des Abs. 3. Für jeden Teilstreitwert sind gesonderte Gebühren zu berechnen, wobei die Summe der Einzelgebühren nicht höher liegen darf als eine nach dem höchsten angefallenen Gebührensatz berechnete Gebühr aus dem Gesamtstreitwert. Im Beispiel ergibt dies folgende Berechnung:
Anwalt Kläger:
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, VV 3100, 1008 (Wert: 10.000 EUR) |
982,40 EUR |
|
2. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 2.000 EUR) |
215,80 EUR |
|
|
gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als 1,6 aus 12.000 EUR |
|
1.065,60 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (Wert: 12.000 EUR) |
|
799,20 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.884,80 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
358,11 EUR |
Gesamt |
|
2.242,91 EUR |
Anwalt Beklagter:
1. |
1,9-Verfahrensgebühr, VV 3100, 1008 (Wert: 2.000 EUR) |
|
315,40 EUR |
2. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 10.000 EUR) |
|
798,20 EUR |
|
Die Grenze des § 15 Abs. 3, nicht mehr als 1,9 aus 12.000 EUR (1.265,40 EUR ist nicht überschritten |
|
|
3. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (Wert: 12.000 EUR) |
|
799,20 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.932,80 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
367,23 EUR |
Gesamt |
|
2.300,03 EUR |
Die gegenteilige Berechnungsmethode käme also für den Kläger zu einem um 18,56 EUR und für den Beklagten um 176,36 EUR ungünstigeren Ergebnis.