Rz. 63
Nach VV 3100 erhält der Rechtsanwalt im ersten Rechtszug eine 1,3 Verfahrensgebühr.
Rz. 64
Soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach VV 2300 bis 2302 entstanden ist, wird diese Gebühr nach VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 1 zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührenansatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Sind mehrere Geschäftsgebühren entstanden, also im Verwaltungsverfahren und in einem weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienenden Verfahren, so ist für die Anrechnung die zuletzt entstandene Gebühr maßgebend (VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 3). Die Anrechnung erfolgt nach dem Wert des Gegenstands, der in das gerichtliche Verfahren übergegangen ist (VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 4).
Beispiel 1: Außergerichtlich ist nach VV 2300 eine 1,3 Geschäftsgebühr im Verwaltungsverfahren und nach Anm. zu VV 2300 eine 0,7 Geschäftsgebühr im Widerspruchsverfahren angefallen. Auf das Gerichtsverfahren im ersten Rechtszug wird die Geschäftsgebühr des Widerspruchverfahrens zur Hälfte angerechnet, mithin im Umfang von 0,35. Die Verfahrensgebühr im Gerichtsverfahren des ersten Rechtzugs reduziert sich daher auf 0,95.
Beispiel 2: Geht im Beispiel 1 von einem Gegenstandswert im Vorverfahren von 10.000 EUR nur ein Gegenstandswert von 5.000 EUR in das Gerichtsverfahren des ersten Rechtzugs über, so findet eine Anrechnung der Geschäftsgebühr des Widerspruchverfahrens auf die Verfahrensgebühr des Gerichtsverfahrens des ersten Rechtzugs nur im Umfang von 0,35 aus einem Gegenstandswert von 5.000 EUR statt.
Rz. 65
Endigt der Auftrag vorzeitig, also bevor der Rechtsanwalt die Klage, den ein Verfahren einleitenden Antrag oder einen Schriftsatz, der Sachanträge, Sachvortrag, die Zurücknahme der Klage oder die Zurücknahme des Antrags enthält, eingereicht oder bevor er für seine Partei einen Termin wahrgenommen hat (VV 3101 Nr. 1) oder ist lediglich beantragt, eine Einigung der Parteien oder mit Dritten über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche zu Protokoll zu nehmen oder festzustellen (§ 278 Abs. 6 ZPO, § 101 Abs. 2 SGG), oder soweit lediglich Verhandlungen vor Gericht zur Einigung über solche Ansprüche geführt werden (VV 3101 Nr. 2), erhält der Rechtsanwalt nach VV 3101 eine 0,8 Verfahrensgebühr. Soweit in den Fällen von VV 3101 Nr. 2 der sich nach § 15 Abs. 3 ergebende Gesamtbetrag der Verfahrensgebühren die Gebühr nach VV 3100 übersteigt, wird der übersteigende Betrag auf eine Verfahrensgebühr angerechnet, die wegen desselben Gegenstands in einer anderen Angelegenheit entsteht (Anm. Abs. 1 zu VV 3101). Durch eine Änderung in Nr. 3101 Nr. 2 stellt der Gesetzgeber nun klar, dass es zu einer Ermäßigung auch dann kommt, wenn im Fall einer Verhandlung und Einigung nicht anhängige Gegenstände in die Einigung miteinbezogen werden.
Rz. 66
Nach VV 3104 erhält der Rechtsanwalt im ersten Rechtszug eine 1,2 Terminsgebühr. Die Gebühr entsteht nach Anm. Abs. 1 zu VV 3104 auch, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird (Nr. 1) sowie wenn das Verfahren vor dem Sozialgericht, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet (Nr. 3) oder wenn nach § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden wird und die mündliche Verhandlung nach § 105 SGG beantragt werden kann (Nr. 2). Nach § 105 Abs. 1 S. 1 SGG kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Diese Voraussetzung liegt häufig nicht vor, obwohl durch Gerichtsbescheid entschieden wird. Die Beteiligten sind nach § 105 Abs. 1 SGG nur anzuhören, ihre Zustimmung ist nicht erforderlich. Die Neuregelung kann nun dazu führen, dass von dieser Möglichkeit der Erledigung ohne dass mündlich zu verhandeln wäre, auch aus einem vermeintlichen Gebührenanreiz durch die Sozialgerichte Gebrauch gemacht wird. Eine solche Praxis verkennt die Rechtsfrieden stiftende Funktion der mündlichen Verhandlung.
Rz. 67
Sind in dem Termin auch Verhandlungen zur Einigung über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche geführt worden, wird nach Anm. Abs. 2 zu VV 3104 die Terminsgebühr, soweit sie den sich ohne Berücksichtigung der nicht rechtshängigen Ansprüche ergebenden Gebührenbetrag übersteigt, auf eine Terminsgebühr angerechnet, die wegen desselben Gegenstands in einer anderen Angelegenheit entsteht.
Rz. 68
Die Terminsgebühr entsteht nach Anm. Abs. 3 zu VV 3104 nicht, soweit lediglich beantragt ist, eine Einigung der Parteien oder mit Dritten über nicht rechtshängige Ansprüche zu Protokoll zu nehmen.
Rz. 69
Nimmt der Rechtsanwalt nur einen Termin wahr, in dem eine Partei nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist und ...