Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Rz. 38
Auf einen entgegenstehenden Willen der vertretenen Person kommt es allerdings dann nicht an, wenn aus übergeordnetem öffentlichen Interesse eine gesetzliche Verpflichtung zur Duldung der Tätigkeit des Anwalts besteht (vgl. § 679 BGB). Das ist bei einer Bestellung nach § 67a Abs. 1 S. 2 VwGO der Fall. Gleiches gilt bei einer Bestellung zum Pflichtverteidiger. Wird der Rechtsanwalt z.B. als Pflichtverteidiger gerichtlich bestellt, entsteht der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse allein aufgrund der gerichtlichen Bestellung. Ein Anwalts- oder Geschäftsbesorgungsvertrag wie im Fall der Beiordnung im Wege der Prozesskostenhilfe muss nicht hinzutreten, um einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zu erhalten. Beim gerichtlich bestellten Rechtsanwalt beruht die Tätigkeit auf einem öffentlich-rechtlichen Bestellungsakt. Die Bestellung begründet einen eigenen, öffentlich-rechtlichen Anspruch des Rechtsanwalts gegen die Staatskasse. Es kommt für den Vergütungsanspruch nicht darauf an, ob der Beschuldigte mit der Bestellung einverstanden ist oder ob er dem Pflichtverteidiger Vollmacht erteilt hatte.
Rz. 39
Der gesetzliche Anspruch aus § 683 BGB geht auf die übliche, hier also die gesetzliche Vergütung und greift in der Regel auch ein, wenn es zwischen der Partei und dem Anwalt zwar zu einer vertraglichen Absprache gekommen ist, diese aber (unerkannt) nichtig sein sollte. Gleiches gilt, wenn der Anwalt bewusst von einer Vertragsgestaltung Abstand genommen hat, weil er irrtümlich davon ausgegangen ist, die Beiordnung oder Bestellung allein reiche als Rechtsgrundlage für sein Tätigwerden hin und begründe insoweit einen (gesetzlichen) Gebührentatbestand der Partei gegenüber.
Rz. 40
Liegen die Voraussetzungen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag nicht vor, verbleibt noch der gesetzliche "Auffangtatbestand" eines Vergütungsanspruchs wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Partei (§ 684 BGB) gem. §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB. Diese Anspruchsgrundlage ist jedoch erfolgsabhängig. Sie setzt voraus, dass die Tätigkeit des Anwalts auch unter Berücksichtigung seines Honorars per Saldo zu einer Verbesserung der Vermögenslage ("Bereicherung") der Partei geführt hat und insoweit notwendig gewesen ist. Ist das der Fall, kann der Anwalt die gesetzliche Gebühr selbst dann ansetzen, wenn er die Partei – wissentlich oder unwissentlich – gegen ihren Willen vertreten hat. Denn die Bereicherungsansprüche "gehören dem Billigkeitsrecht an und stehen daher in besonderem Maße unter dem Grundsatz von Treu und Glauben". Mit diesem wäre es nicht zu vereinbaren, wenn der Partei die Leistung des Anwalts wirtschaftlich zugutekommt, sie dafür aber nichts bezahlen müsste, zumal sie durch ihren Antrag auf Beiordnung eines Anwalts das Interesse an einer erfolgreichen anwaltlichen Vertretung deutlich zum Ausdruck gebracht hat.