Rz. 99
Soweit der Anwalt Personen beauftragt, die in den Anwendungsbereich des § 5 fallen, ist seine Vergütung ebenso zu erstatten, wie sie bei unmittelbarer Tätigkeit des Anwalts erstattungsfähig gewesen wäre (§ 91 Abs. 2 S. 1 ZPO, der gemäß § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO auch in Straf- und Bußgeldsachen gilt).
Rz. 100
Lässt sich der Anwalt durch Personen vertreten, die nicht zu denen des § 5 gehören, bestimmt sich die Erstattungspflicht nach § 91 Abs. 1 ZPO. In Strafsachen gilt § 464a Abs. 2 StPO. Festzusetzen ist insoweit die angemessene Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB. Die Höhe der erstattungsfähigen Kosten ist dabei identisch mit dem Betrag, den die Rechtsprechung dem Anwalt nach § 612 Abs. 2 BGB zubilligt. Insoweit sei auf die Rechtsprechungsnachweise (siehe Rdn 60 ff.) verwiesen. Die dortige Rechtsprechung betrifft ohnehin überwiegend Entscheidungen im Rahmen der Kostenerstattung.
Rz. 101
Vereinbart der Anwalt mit dem Mandanten, dass die gesetzliche Vergütung gelten soll, obwohl die Voraussetzungen des § 5 nicht gegeben sind, so soll nach einer Ansicht die volle gesetzliche Vergütung erstattungsfähig sein. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Durch eine Vereinbarung zwischen Anwalt und Auftraggeber kann grundsätzlich keine Erstattungspflicht begründet werden, soweit sie die gesetzliche Vergütung überschreitet. Das muss auch dann gelten, wenn sich die gesetzliche Vergütung nicht nach dem RVG berechnet, sondern nach § 612 Abs. 2 BGB.
Rz. 102
Beauftragt der Anwalt einen Terminsvertreter in eigenem Namen und werden dessen Kosten als Auslagen des beauftragenden Anwalts geltend gemacht, sind diese Kosten bis zur Höhe der ansonsten erstattungsfähigen Reisekosten des Anwalts zu erstatten. So sind im Beispiel Rdn 78 die 350 EUR, die der Kölner Anwalt für den Münchener Terminsvertreter aufwendet, nach § 91 ZPO zu erstatten. Es handelt sich bei den 350 EUR nicht um fiktive Kosten, sondern um tatsächliche Kosten. Auch wenn die Beauftragung eines Terminsvertreters als solche nicht notwendig war, sind die dadurch ausgelösten Kosten jedoch insoweit erstattungsfähig, als dadurch erstattungsfähige notwendige Kosten vermieden worden sind. Hätte der Kölner Anwalt nicht den Weg gewählt, in eigenem Namen einen Terminsvertreter zu beauftragen, dann hätte er entweder reisen müssen oder die Partei selbst hätte einen Terminsvertreter beauftragen müssen. In beiden Fällen wären höhere Kosten entstanden, die auch erstattungsfähig gewesen wären, nämlich die Reisekosten in voller Höhe und die Kosten eines Terminsvertreters bis zur Höhe der Reisekosten.
Rz. 103
Ob es notwendig war, dass ein Hauptbevollmächtigter einen Terminsvertreter in eigenem Namen beauftragt hat, ist letztlich unerheblich. Es ist ein allgemeiner Grundsatz, dass Kosten, die für sich genommen nicht notwendig und erstattungsfähig sind, jedenfalls aber in der Höhe zu erstatten sind, als dadurch (fiktive) erstattungsfähige Kosten vermieden worden sind. Genau so verhält es sich hier. Durch die Beauftragung des Terminsvertreters in eigenem Namen zu einem Pauschalhonorar in Höhe von 350 EUR sind gleichzeitig die eigenen Reisekosten sowie die Kosten eines von der Mandantschaft beauftragten Terminsvertreters erspart worden. Das Vorgehen, einen Terminsvertreter in eigenem Namen zu beauftragen, war in diesem Fall also die günstigste Variante und hat die erstattungspflichtige Partei sogar entlastet. Weshalb in diesem Fall die vom Hauptbevollmächtigten aufgewandten Kosten nicht erstattungsfähig sein sollen, ist letztlich nicht zu begründen. Die dahingehenden Entscheidungen des OLG Hamm, des OLG Stuttgart, des LAG Brandenburg und des AG Kassel sind daher nicht nachvollziehbar.
Rz. 104
Soweit das OLG Stuttgart seine ablehnende Entscheidung damit begründet, bei der an den Terminsvertreter gezahlten Vergütung handele es sich nicht um Auslagen nach VV Vorb. 7, ist dies schlichtweg unzutreffend. Die Beauftragung eines anderen Anwalts gehört nicht zu den allgemeinen Geschäftskosten einer Kanzlei i.S.d. VV Vorb. 7 Abs. 1 S. 1. Es handelt sich vielmehr um Aufwendungen nach VV Vorb. 7 Abs. 1 S. 2 i.V.m. §§ 675, 670 BGB, die dem Auftraggeber in Rechnung gestellt werden können.
Rz. 105
Soweit das AG Kassel ausführt, fiktive Kosten könnten nicht erstattet werden, verkennt das Gericht, dass hier keine fiktiven (Reise-)Kosten zur Erstattung angemeldet werden, sondern die tatsächlich entstandenen Kosten für den Terminsvertreter. Die fiktiven ersparten Reisekosten sind – ebenso wie beim vom Mandanten beauftragten Terminsvertreter – nur Vergleichsmaßstab zur Beurteilung, ob die tatsächlichen Kosten erstattungsfähig sind.
Rz. 106
Auch das LAG-Berlin Brandenburg verkennt, dass hier keine fiktiven (Reise-)Kosten zur Erstattung angemeldet werden, sondern die tatsächlich entstandenen Kosten für den Terminsvertreter. Es geht darüber hinaus zu Unrecht davon aus, dass nur gesetzliche Gebühren erstattungsfähig seien. Zu erstatten sind selbstverständlich auch gesetzliche Auslag...