Rz. 192
Welchen Einfluss die einseitige Erledigungserklärung auf den Gegenstandswert der Terminsgebühr hat, ist umstritten. Nach einer Meinung bleibt es trotz Erledigungserklärung beim ursprünglichen Hauptsachewert, nach anderer Meinung ist – vergleichbar mit den Fällen der positiven Feststellungsklage – ein Abschlag vom Hauptsachewert von ca. 50 % vorzunehmen. Nach einer dritten Meinung reduziert sich der Gegenstandswert ab Erledigungserklärung auf den Kostenwert.
Rz. 193
Wird die einseitige Erledigungserklärung vor dem Termin schriftsätzlich abgegeben und bestimmt das Gericht daraufhin Termin zur mündlichen Verhandlung, so entsteht die Terminsgebühr – folgt man der dritten Meinung – nur aus dem Kostenwert. Nach der zweiten Meinung entsteht die Terminsgebühr aus dem um 50 % reduzierten Hauptsachewert, nach der ersten Meinung aus dem vollen Hauptsachewert. Für den Fall, dass die einseitige Erledigungserklärung im Termin abgegeben wird, ist dieser Meinungsstreit unerheblich. Denn wenn die Partei nach Aufruf der Sache eine Erledigungserklärung abgibt, ist die Terminsgebühr nach dem Wert der Hauptsache bereits angefallen.
Rz. 194
Der BGH hat für diese zweite Fallgestaltung jedoch eine – in der Praxis wichtige – erstattungsrechtliche Einschränkung vorgenommen: Zwar sei bis zum Zeitpunkt der Erledigungserklärung des Klägers der Streitwert der Hauptsache für die Gebührenberechnung des Anwalts maßgeblich. Wenn jedoch der Beklagte noch vor dem Termin die Klageforderung erfülle und damit ein erledigendes Ereignis vorliege, müsse der Kläger die Prozesskosten gering halten. Nach dem Maßstab von Treu und Glauben müsse er sich so behandeln lassen, als habe er vor dem Termin eine einseitige Erledigungserklärung abgegeben, wodurch sich sein Interesse auf das Kosteninteresse reduziert hätte.
Rz. 195
Die Entscheidung des BGH ist abzulehnen. Mangels einschlägiger Vorschrift im RVG oder der ZPO griff der Senat zur Allzweckwaffe für "gerechte Entscheidungen", dem Gebot von Treu und Glauben. Die Anwendung dieses Grundsatzes nimmt dabei allerdings recht bizarre Auswüchse an: Der Beklagte darf nach Klagezustellung und Terminsladung mehrere Wochen überlegen, bis er sich dann doch entschließt, der Klageforderung vollumfänglich nachzukommen. Nachdem die Nachricht der Zahlung am Vortag des Termins bei Gericht und beim Kläger eingeht, wird von diesem nun verlangt, binnen 24 Stunden einen anwaltlichen Schriftsatz mit einer entsprechenden Erledigungserklärung ans Gericht zu schicken. Dem Kläger bei einem solchen Geschehensablauf ein treuwidriges Verhalten vorzuwerfen, wenn er nicht – quasi auf Zuruf der Beklagten – bestimmte prozessuale Erklärungen abgibt, um dessen Kostenlast zu mindern, mutet doch reichlich überzogen an. Die Beklagte hatte es immerhin selbst in der Hand, durch frühzeitige Zahlung der Klageforderung den Gegenstandswert entsprechend zu reduzieren, was aber in der vorliegenden Entscheidung nicht problematisiert wird. Der Senat macht auch keine Ausführungen dazu, ab welchem Zeitpunkt ein fehlender Erledigungsschriftsatz des Klägers nicht mehr treuwidrig gewesen wäre. Angesichts der modernen Kommunikationsmittel dürften aber nur noch Zahlungen unmittelbar vor Beginn des Termins darunter fallen.
Rz. 196
Wenn der Gegner im Termin nicht erscheint und die Hauptsache durch Versäumnisurteil für erledigt erklärt wird, fällt für den das Versäumnisurteil erwirkenden Rechtsanwalt eine Terminsgebühr i.H.v. 0,5 nach VV 3105 an. Sind aber beide Parteien anwaltlich vertreten und beide Prozessbevollmächtigte im Termin auch anwesend, fällt die Terminsgebühr i.H.v. 1,2 nach VV 3104 an, wenn einer der beiden Prozessbevollmächtigten nicht zur Sache verhandelt und deswegen die Hauptsache durch Versäumnisurteil für erledigt erklärt wird.