Rz. 113
Nicht selten verlaufen die Verhandlungstermine in der Praxis in Abweichung von § 137 Abs. 1 ZPO so, dass das Gericht vor der Antragstellung zunächst seine vorläufige Rechtsauffassung mitteilt und ggf. auch den Parteien Hinweise erteilt. Entscheidet sich dann der Gegner, im Hinblick auf die vorläufige Rechtsauffassung des Gerichts keinen Antrag zu stellen, so hat diese sog. Flucht in die Säumnis keine gebührenrechtlichen Folgen. Für die Entstehung der vollen Terminsgebühr nach VV 3104 reicht es aus, wenn der gegnerische Anwalt vertretungsbereit im Termin erscheint, mag er sich auch später entschließen, keine Anträge für seine Partei zu stellen.
Rz. 114
Nach herrschender Meinung erhält daher der Anwalt bei einer Flucht des gegnerischen Prozessbevollmächtigten in die Säumnis gleichwohl die volle 1,2 Terminsgebühr nach VV 3104. Dem ist zuzustimmen. Die Reduzierung nach VV 3105 setzt unter anderem voraus, dass eine Partei nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist. Die für den Fall der Flucht in die Säumnis entscheidende Frage ist dabei, auf welchen Zeitpunkt für das Vorliegen einer Vertretung abgestellt wird, denn zu Beginn des Termins ist der gegnerische Anwalt zweifelsohne noch als Vertreter für seine Partei aufgetreten.
Rz. 115
Die Ausführungen in Abs. 3 helfen zwar in diesem Zusammenhang nicht weiter. Danach entsteht die Terminsgebühr "für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen". Liegt nun eine Wahrnehmung im Sinne dieser Gebührenvorschriften nur dann vor, wenn der Anwalt während des gesamten Termins bereit ist, zur Sache zu verhandeln? Oder reicht für die Entstehung der Gebühr aus, dass der gegnerische Anwalt zu Anfang des Termins vertretungsbereit anwesend war? Nach dem Willen des Gesetzgebers dürfte die zweite Alternative ausreichend sein. Denn er hat in Absatz 3 der Anm. zu VV 3105 die gebührenrechtliche Säumnis ausdrücklich von der verfahrensrechtlichen Säumnis nach § 333 ZPO abgegrenzt und insofern keine Gleichstellung gewollt. Während eine Partei im verfahrensrechtlichen Sinne nach § 333 ZPO schon dann säumig ist, wenn sie im Termin zwar erscheint, aber nicht verhandelt, soll dies für die Frage der ordnungsgemäßen Vertretung im Sinne der VV 3105 eben nicht gelten. Mit anderen Worten: Der Anwalt, der für seine Partei zum Termin erschienen ist, aber nicht verhandelt, ist anwesend i.S.v. VV 3105, womit die Reduzierung der Terminsgebühr keine Anwendung finden kann.