1. Anerkenntnisurteil
Rz. 28
Nach VV 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 1 entsteht eine volle 1,2-Terminsgebühr auch dann, wenn im schriftlichen Verfahren ein Anerkenntnisurteil nach § 307 ZPO ergeht. Der Anwalt soll keinen Nachteil bei den Gebühren erleiden, wenn seine Schriftsätze das Verfahren so gründlich vorbereitet haben, dass eine mündliche Verhandlung nicht mehr stattzufinden braucht. Während nach § 307 Abs. 2 ZPO a.F. ein Anerkenntnisurteil ohne mündliche Verhandlung nur im schriftlichen Vorverfahren (§ 276 ZPO) ergehen konnte, ist dies nach § 307 S. 2 ZPO nunmehr in jedem Verfahrensstadium möglich. Aufgrund dessen erfasst Anm. Abs. 1 Nr. 1 sämtliche Anerkenntnisurteile, die nicht in einer mündlichen Verhandlung ergehen.
Rz. 29
Kommt es im schriftlichen Vorverfahren zu einem Anerkenntnis seitens des Beklagten, ohne dass hiernach von Seiten des Gerichts ein Anerkenntnisurteil erlassen wurde, etwa weil der Rechtsstreit von beiden Prozessparteien zuvor für erledigt erklärt worden war, fällt keine Terminsgebühr für das Anerkenntnis an, weil es eben nicht zu der im Rahmen von Anm. Abs. 1 Nr. 1 erforderlichen gerichtlichen Entscheidung gekommen ist. Für das sich dann anschließende Verfahren, in dem nur noch gemäß § 91a ZPO über die Kosten zu entscheiden ist, ist keine mündliche Verhandlung erforderlich, so dass auch insoweit eine 1,2-Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 nicht anfallen kann.
Rz. 30
Seit der Änderung von § 307 Abs. 2 ZPO a.F. durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27.7.2001 kann ein Anerkenntnisurteil auch ohne Antrag des Klägers ergehen. Der Wegfall dieses Antragserfordernisses, der auch für die aktuelle Fassung des § 307 ZPO gilt, führt jedoch nicht zu einer Änderung bei Entstehung der anwaltlichen Gebühren. Denn da der Gesetzgeber die Vorschrift über das Verfahren auf Erlass eines Anerkenntnisurteils im schriftlichen Verfahren im Text der Anm. Abs. 1 belassen hat, wird seine Absicht deutlich, dass es für die Terminsgebühr auf die Antragstellung nicht ankommt. Vielmehr ist nur entscheidend, ob ein Anerkenntnisurteil nach § 307 S. 1 ZPO erlassen wird.
Rz. 31
Die volle 1,2-Terminsgebühr für das Anerkenntnisurteil nach § 307 ZPO kann auch nicht durch eine erweiternde Auslegung von VV 3105 auf 0,5 reduziert werden. Denn zum einen würde dies dem Zweck der Vorschrift widersprechen, streitige Verhandlungen trotz einer Anerkenntnisbereitschaft aus Gebühreninteressen von Verfahrensbevollmächtigten zu vermeiden. Zum anderen ist auch die Lage bei der Abgabe eines Anerkenntnisses gegenüber einer Säumnissituation nicht vergleichbar. Bei einem Anerkenntnis wirkt der Prozessbevollmächtigte an der Schaffung eines Titels gegen die eigene Partei mit und ist damit einem erhöhten Haftungsrisiko ausgesetzt. Das Anerkenntnisurteil beruht allein auf dem Sachantrag der klagenden und dem Anerkenntnis der beklagten Partei, während das Versäumnisurteil eine Schlüssigkeitsprüfung durch das Gericht verlangt, das dadurch einen Teil der Verantwortung von den Prozessbevollmächtigten nimmt.
2. Verfahren nach § 495a ZPO
Rz. 32
Steht die Durchführung der mündlichen Verhandlung im Ermessen des Gerichts, so fehlt es im Regelfall an der für den Anfall der Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 vorgeschriebenen Voraussetzung einer vom Gesetz vorgesehenen mündlichen Verhandlung. Eine Ausnahme bilden die Verfahren nach § 495a ZPO. Hier entsteht die volle Terminsgebühr, obwohl das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen kann, da § 495a ZPO im Text von Anm. Abs. 1 Nr. 1 ausdrücklich genannt ist.
Rz. 33
Nach § 495a ZPO kann das Gericht den Verlauf des Verfahrens nach billigem Ermessen bestimmen, wenn der Streitwert nicht über 600 EUR liegt. In der Praxis wird in solchen Fällen überwiegend ohne mündliche Verhandlung entschieden. Die volle Terminsgebühr entsteht dann trotzdem, wenn ein Urteil oder eine sonstige die Endentscheidung vorbereitende Entscheidung ergeht, die eigentlich einer mündlichen Verhandlung bedurfte. Die 1,2-Terminsgebühr nach VV 3104 steht dem Prozessbevollmächtigten im Verfahren nach § 495a ZPO unabhängig davon z...