Rz. 24
Beantragt der Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners nach Einlegung des Widerspruchs gegen den Mahnbescheid die Durchführung des Streitverfahrens gemäß § 696 Abs. 1 S. 1 ZPO, entsteht für ihn die volle Verfahrensgebühr gemäß VV 3100. Im Beschluss des OLG München heißt es insoweit:
Zitat
"Wenn die Prozeßbevollmächtigten des Beklagten nach Einlegung des Widerspruchs gegen den Mahnbescheid mit Schriftsatz ... beantragt haben, das Verfahren nunmehr an die Streitabteilung abzugeben, so handelt es sich um einen Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens im Sinne des § 696 Abs. 1 ZPO. Wie der Senat bereits entschieden hat ..., ist ein solcher Antrag als Sachantrag im Sinne von § 32 Abs. 1 BRAGO anzusehen, weil durch diesen Antrag das Mahnverfahren in das streitige Verfahren übergeleitet werden soll. Ist die Prozeßgebühr in Höhe von 10/10 gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO angefallen, so ist sie auch nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO erstattbar ..."
Rz. 25
Hieran ändert die nachfolgende Rücknahme des Mahnantrages nichts, da es sich bei dem Antrag, das Streitverfahren durchzuführen und zu diesem Zweck an das Prozessgericht abzugeben, um den ein Verfahren einleitenden Antrag handelt. Mit dem Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens entwickelt der Prozessbevollmächtigte des Beklagten bereits eine Tätigkeit, die die volle Verfahrensgebühr nach VV 3100 erwachsen lässt.
Rz. 26
Die 1,3-Verfahrensgebühr nach VV 3100 ist erstattungsfähig, wenn der Kläger nicht zuvor denselben Verweisungsantrag, d.h. den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gestellt hat. Erstattungsfähig nach § 91 Abs. 1 ZPO ist die Gebühr jedoch nur, wenn für den Beklagten ein sachlich gerechtfertigter Anlass bestand, den Verweisungsantrag zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung zu beantragen. Ein solcher Anlass ist stets gegeben, wenn der Kläger keinen Verweisungsantrag gestellt hat. Dazu das OLG Düsseldorf:
Zitat
"Hatte schon der Gläubiger (spätere Kläger, Erg. d. Verf.) den Verweisungsantrag gestellt, so ist der nachfolgende Verweisungsantrag des Schuldners (späteren Beklagten, Erg. d. Verf.) regelmäßig eine überflüssige Maßnahme ... In vorliegender Sache ist jedoch die Verweisung auf Antrag des Beklagten (nicht des Klägers, Erg. d. Verf.) erfolgt, da der Kläger keinen Verweisungsantrag gestellt hatte."
Rz. 27
Die 1,3-Verfahrensgebühr nach VV 3100 ist aber auch dann mit dem Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens entstanden und erstattungsfähig, wenn der Prozessbevollmächtigte des Beklagten den Kläger vergeblich zur Fortsetzung des Verfahrens auffordert oder wenn der Gerichtskostenvorschuss vom Kläger nicht innerhalb einer angemessenen Zeit bezahlt wird. Insoweit argumentiert das OLG München:
Zitat
"Unerheblich ist dabei, daß die Klägerin bereits im Antrag auf Erlaß des Mahnbescheids die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt hat. Da sie es über 10 Monate nach Einlegung des Widerspruchs seitens des Beklagten unterließ, die weiteren Voraussetzungen für den Verfahrensfortgang zu schaffen, nämlich die zweite Hälfte der Gerichtskosten gemäß § 65 I 2 GKG einzubezahlen, ist das Verhalten des Beklagten durchaus verfahrensadäquat, wenn er von dem auch ihm nach § 696 I 1 ZPO zustehenden Recht Gebrauch gemacht hat, die Durchführung des streitigen Verfahrens in die Wege zu leiten. Dabei hätte für ihn eine Pflicht zur Vorwegleistung der zweiten Gebührenhälfte nicht bestanden (m.w.N.). Der Standpunkt des Senats, wonach der Beklagte die durch den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens entstandene volle Prozeßgebühr erstattet erhält, wenn der Kläger das Verfahren nicht in angemessener Frist weiter betreibt, entspricht der allgemeinen Auffassung (m.w.N.)."
Dieser Auffassung ist ohne Weiteres zuzustimmen, da die Wahrnehmung des Antragsrechtes nach § 696 Abs. 1 ZPO seitens des Antragsgegners keine überflüssige und den Prozess nicht fördernde Wiederholung eines etwa gleichgerichteten Antrags des Antragstellers ist, so dass in diesem Fall das eigene Antragsrecht des Antragsgegners ungerechtfertigt beeinträchtigt werden würde, wollte man hier die Erstattungsfähigkeit der durch die Ausübung dieses Rechts entstandenen Kosten nicht anerkennen.