Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) Vorläufig vollstreckbarer Titel
Rz. 508
Erforderlich für die Einigungsgebühr ist, dass durch den Vergleich der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt werden soll. Solange das Urteil nicht rechtskräftig ist und die Parteien unterschiedliche Auffassungen zum Bestehen des materiell-rechtlichen Anspruchs haben, ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn die Parteien sich hinsichtlich des streitigen Anspruchs letztlich einigen.
b) Rechtskräftiger Titel
Rz. 509
Aber auch bei einem rechtskräftigen Urteil kann es Ungewissheit geben, z.B. hinsichtlich der Auslegung oder darüber, ob der Beklagte hinsichtlich der Erfüllung des titulierten Anspruchs ausreichend wirtschaftlich leistungsfähig ist bzw. eine Zwangsvollstreckung von daher genügend sicher erscheint. Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist. VV 1000 nimmt anders als früher § 23 BRAGO nicht auf § 779 BGB und damit auch nicht auf dessen Abs. 2 Bezug, wonach es der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis gleichsteht. Damit sollte der im Rahmen der BRAGO heftig geführte Streit darüber vermieden werden, welche Abrede noch ein gegenseitiges Nachgeben darstellt und welche nicht. Die Änderung sollte den Anwendungsbereich der VV 1000 gegenüber § 23 BRAGO erweitern, nicht aber ihn verringern.
Rz. 510
Die Einigungsgebühr soll daher jegliche vertragliche Beilegung eines Streits der Parteien honorieren und so die frühere Vergleichsgebühr nicht nur ersetzen, sondern gleichzeitig inhaltlich erweitern. Grund für die zusätzliche Gebühr ist die mit der Einigung verbundene Mehrbelastung und erhöhte Verantwortung des beteiligten Rechtsanwalts sowie die Minderung der Belastung der Gerichte. Die Einigungsgebühr setzt andererseits nicht voraus, dass durch die Einigung tatsächlich auch eine konkrete Entlastung der Gerichte eintritt.
c) Keine Beschränkung auf Anerkenntnis/Verzicht
Rz. 511
Andererseits darf sich der Vertrag nicht ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht auf einer Parteiseite beschränken, weil ansonsten schon durch die bloße Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs oder den Verzicht auf dessen Weiterverfolgung die Einigungsgebühr ausgelöst würde. Eine Einigungsgebühr fällt daher selbst bei Ratenzahlungsvereinbarungen über unstreitige Forderungen an, weil der Schuldner, der lediglich eine Ratenzahlung anstrebt, dem Gläubiger mit einem gerichtlichen Vergleich ohne Verzug einen sicheren Vollstreckungstitel verschafft, statt den Erlass eines rechtskräftigen Urteils durch Ausschöpfung prozessualer Mittel wenigstens zeitweise zu verzögern.