Rz. 22

Lässt sich eine Partei durch einen nicht am BGH zugelassenen Anwalt vertreten, geht die ganz überwiegende Auffassung davon aus, dieser Anwalt könne die vorgesehene Verfahrensgebühr nicht verdienen, sondern sei auf die Abrechnung einer Einzeltätigkeit angewiesen (siehe Rdn 48). Das ist unzutreffend, weil es nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nur auf den Vertretungszwang ankommt, und nicht darauf, dass tatsächlich auch ein am BGH zugelassener Anwalt tätig wird. Zutreffend ist es daher, auch auf den nicht am BGH zugelassenen Anwalt den Tatbestand der VV 3506, 3508 anzuwenden, da das Gebührenrecht nicht nach Zulässigkeit einer Prozesshandlung fragt. Eine andere Frage ist, ob der Anwalt diese Gebühr gegenüber seinem Auftraggeber durchsetzen kann oder ob er sich schadensersatzpflichtig macht, wenn er auf die fehlende Zulassung nicht hingewiesen hat. Dies wird in aller Regel aber nur den Anwalt des Beschwerdeführers betreffen. Für den Anwalt des Beschwerdegegners, der sich gegen eine nicht statthafte Rechtsbeschwerde wehrt, dürfte man eine Zulassung nicht verlangen dürfen; jedenfalls kann er auch ohne Zulassung sinnvolle Tätigkeit entfalten, z.B. wenn er auf die Unstatthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde hinweist.

 

Rz. 23

Der BGH[9] und die überwiegende Rechtsprechung[10] sehen dies anders. Sie sind nicht nur der Auffassung, dass VV 3508 nicht anwendbar sei, sondern halten bei Vertretung durch einen nicht am BGH zugelassenen Anwalt trotz Anwaltszwang nicht einmal den Gebührentatbestand der VV 3506 für anwendbar, sondern gewähren dem nicht zugelassenen Anwalt, nur eine 0,8-Verfahrensgebühr nach VV 3403 als Einzeltätigkeit.[11]

 

Rz. 24

Die Gebühr entsteht jedoch nicht, wenn der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte die Erfolgsaussicht einer gegnerischen Nichtzulassungsbeschwerde vor deren Begründung lediglich anhand des bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens angefallenen Prozessstoffs prüfen soll. Diese Tätigkeit ist vielmehr nach VV 2100 zu vergüten (insoweit unzutreffend BGH, der von einer 0,8-Gebühr nach VV 3403 ausgeht, diese aber nicht für erstattungsfähig hält).[12]

 

Rz. 25

Dies hat dann auch zur Folge, dass eine Terminsgebühr nicht anfallen kann, da VV 3516 nicht anwendbar ist und VV 3403 auch die Teilnahme an einem Termin bzw. einer Besprechung mit abgilt.[13]

[9] BGH 4.5.2006 – III ZB 120/05, AGS 2006, 491 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2006, 348 = NJW 2006, 2266; BGH 1.2.2007 – V ZB 110/06, AGS 2007, 298 = RVGreport 2007, 269 = NJW 2007, 1461.
[10] OLG Köln 9.4.2014 – 17 W 49/14; OLG Köln AGS 2010, 530 = NJW-Spezial 2010, 731; OLG Brandenburg OLGR 2007, 383; OLG Frankfurt AGS 2009, 25 m. Anm. Onderka = JurBüro 2008, 538; OLG München AGS 2010, 217 = AnwBl 2010, 68; OLG Brandenburg OLGR 2007, 383; siehe auch Rspr. zur Kostenerstattung (Rdn 52 ff.).
[11] A.A. OLG Köln AGS 2007, 301, das gar keine Vergütung gewähren will. Diese Entscheidung dürfte angesichts der eindeutigen BGH-Rspr. überholt sein.
[12] BGH 15.10.2013 – XI ZB 2/13, AGS 2014, 95 = RVGreport 2014, 76 = NJW 2014, 557.
[13] OLG Brandenburg OLGR 2007, 383.

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